Keine Aussicht mehr auf Frieden

■ Die Verhandlungen Richard Holbrookes mit Jugoslawiens Präsident Slobodan Milošević sind beendet – Fortschritte gab es nicht. Die Nato-Truppen in der Region sind zum Angriff bereit. Der scheint nun unvermeidlich

Belgrad/Priština/Bonn (dpa/rtr/AFP/ taz) – Der letzte Versuch, Jugoslawiens Präsident Slobodan Milošević doch noch eine Unterschrift für den Kosovo-Friedensplan abzutrotzen, ist gescheitert. Das erklärte US-Unterhändler Richard Holbrooke gestern abend in Belgrad. Die Lage sei „so düster wie in den fast vier Jahren unserer Anstrengungen nicht mehr“, sagte er dem US-Sender CNN. Anschließend reiste er nach Brüssel ab, um den Nato-Rat zu informieren. Dort erklärten derweil Diplomaten, Nato-Luftangriffe auf Ziele in Serbien könnten bereits am Mittwoch beginnen. Auch für Tony Blair war die Zeit des Abwartens vorbei. „Wir haben keine Alternative, außer zu handeln“, erklärte der britische Premier bereits gestern nachmittag vor dem Unterhaus. Auch britische Piloten würden nun wohl bald „den Militärapparat der serbischen Diktatur“ ins Visier nehmen.

Am Morgen war Holbrooke erneut mit Milošević zu einem zweistündigen Tête- à-tête zusammengetroffen – genauso erfolglos wie in der Nacht zu Dienstag. Auch da war es ihm nicht gelungen, seinen Gesprächspartner umzustimmen. Statt dessen hatte Milošević weitere Verhandlungen verlangt und die Nato gewarnt, bei einer gewaltsamen Lösung müsse sie die Verantwortung übernehmen.

Gestern vormittag beriet das Parlament in Belgrad auf einer Dringlichkeitssitzung über die Krise im Kosovo. Die Generalsekretärin der sozialistischen Regierungspartei, Gorica Gajević, erklärte: „Wir akzeptieren keine ausländischen Truppen auf unserem Territorium, auch nicht auf Kosten eines Bombardements.“

Auch die Bundesregierung sah gestern kaum noch Chancen, Luftangriffe zu vermeiden. Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete Nato-Angriffe als unvermeidbar. „Wir haben keine andere Wahl“, sagte Schröder. Die Schuld dafür liege ausschließlich bei Miloševíc.

Aus dem Bonner Verteidigungsministerium hieß es, man stelle sich zunehmend auf den Ernstfall ein. Die Tornados der Bundeswehr seien bereit. Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping sagte, die Bundeswehr werde von Anfang an mit ihren Tornados dabeisein. Außenminister Joschka Fischer appellierte noch einmal an Belgrad: „Unterzeichnen Sie den Friedensplan. Noch können Sie verhindern, daß Ihr Land und die in ihm lebenden Menschen in eine Konfrontation gestürzt werden.“ Nur der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele hält Luftangriffe für „politisch falsch“. Nato und Bundesregierung machten sich zum Werkzeug der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK.

Unterdessen dauerten die Kämpfe im Kosovo an. Das albanische Informationszentrum in Priština teilte mit, Dörfer in den Cicavica-Bergen seien am frühen Morgen bombardiert worden. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind aus der Stadt Srbica mehr als zwei Drittel der Bevölkerung geflüchtet. Es fragt sich, wohin. Gestern schlossen die makedonischen Behörden die Grenzübergänge zum Kosovo. Tagesthema Seite 3