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Prolos am Polarkreis

Zwischen Schnee und dreckiger Wäsche: „Die Eroberung des Südpols“ am Altonaer Theater  ■ Von Karin Liebe

Wozu taugen arbeitslose Männer? Beim Wäscheaufhängen können sie der Hausfrau mit dem Klammerbeutel assistieren – oder ihr ein Kind machen. Ansonsten träumen sie sich in eine ferne Welt jenseits von Arbeitsamt, Flipperautomat und Flaschenbier und spielen die Eroberung des Südpols nach.

So jedenfalls stellt sich Manfred Karge die kleinen Fluchten von Arbeitslosen im Ruhrpott vor. Sein Drama Die Eroberung des Südpols, das am Donnerstag im Altonaer Theater Premiere hatte, spielt auf dem Wäscheboden von Brauckmann (Harald Weiler). Dort treffen sich regelmäßig vier arbeitslose Kumpels zum Quatschen und Saufen und Den-starken-Mann-Markieren. Doch als eines Tages Seiffert (Dirk Höner) nicht nur rumhängt, sondern sich fast aufhängt, weil er das Gefühl der Nutzlosigkeit nicht mehr erträgt, kommt Wortführer Slupianek (Franz-Joseph Dieken) auf die Idee, die Eroberung des Südpols nachzuspielen.

Aus Slupianek wird Amundsen, die schlaffen Kumpels erklärt der Anführer zu kernigen Norwegern. Der Südpol wird nach Herne verlagert, die weiße Wäsche auf dem Dachboden verwandelt sich in eine Welt aus Schnee und Eis. In geklauten Pelzmänteln und Fellmützen stapft die Crew, gezogen vom leicht debilen Frankieboy (Michael Gerlinger) als Schlittenhund, durch Laken und Unterhosen. Kämpfen und Siegen statt Arbeitsamt und Absagen.

Das hätte komisch sein können – ist es aber nicht. Das hätte anrühren können – tut es aber kaum. Trotz einiger gelungener Regieeinfälle kann Axel Schneider nicht plausibel machen, warum sich erwachsene Männer wie achtjährige Schüler aufführen. Ihr begeistertes Gegröle wirkt pubertär, als Menschen gewinnen sie wenig Profil. Dieken trägt von Anfang an zu dick auf, wenn der Slupianek den „Chef“ besonders machohaft gibt. Man ahnt zwar, daß hinter der Forschheit ein sensibler Träumer stecken soll, doch beide Attitüden bleiben aufgesetzte Masken. Was für die ganze Inszenierung gilt: Aus lauter Bemühtheit, bloß kein politisch korrektes Sozial-Drama auf die Bühne zu bringen, überzeichnet Schneider die sowieso schon reichlich konstruierte Handlung ins Künstliche und Leblose.

Sicher, es gibt schöne Szenen, etwa wenn Brauckmanns Ehefrau (Katrin Gerken) Geburtstag feiert. Katrin Gerken bringt Authentizität ins Spiel. Wie sie als resolute Pommesbraterin ihren Ehemann zur Schnecke macht, ist muttimäßig gut. Auch die Geburtstagsgäste Rudi (Boris Freytag) und Rosi (Maike Harten) haben Schmackes..

Erst zum Schluß jedoch durchdringt die künstliche Polarwelt wirklich die Realität. Bei Seifferts alltäglichem Anmarsch ins Arbeitsamt wittert er im Gang durch die langen Flure Gletscher, in den Wartesälen sieht er Pinguine sitzen. Abenteuer Arbeitsamt: Hier blitzt für einen Moment wirklich tragische Komik auf. Zu spät.

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