Der „Weiberwirtschaft“ geht die Luft aus

■  Land stellt kein Geld für die erneute Sanierung des Gewerbekomplexes der Frauengenossenschaft bereit. Die Hälfte der Gebäude ist mit dem Insektizid Naphtalin belastet. „Weiberwirtschaft“ hofft nun auf SenatorInnen

Der Frauengenossenschaft „Weiberwirtschaft“ droht der Konkurs. Sie wird vom Land Berlin kein Geld für die dringend notwendige Sanierung ihres Gewerbekomplexes in der Anklamer Straße in Mitte bekommen, in dem vor wenigen Monaten das hochgiftige Insektizid Naphtalin entdeckt worden ist. Das teilte der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung, Michael Wehran, gestern auf Anfrage der taz mit.

„Wir können nicht immer weitere Steuergelder in die Weiberwirtschaft stecken“, so Wehran. Wirtschafts- und Bauverwaltung hätten die Genossenschaft bereits mit insgesamt 24,5 Millionen Mark unterstützt und sich nun gemeinsam gegen eine erneute Förderung entschieden. Die Bauverwaltung, bei der die Weiberwirtschaft die Kosten für die Sanierung beantragt hat, wollte sich gestern dazu nicht äußern. „Die Verhandlungen sind noch nicht ganz abgeschlossen“, so die Begründung von Sprecherin Petra Reetz.

„Die Weiberwirtschaft ist extrem bedroht“, befürchtet nun Katja von der Bey, Vorstandsfrau der Genossenschaft. Wenn kein Geld vom Land komme, bleibe nur ein Bankkredit, um die Sanierung zu finanzieren. Da die Weiberwirtschaft aber nach wie vor nicht viel Kapital habe, sehe es auch damit „ganz schlecht“ aus.

Noch sei die Naphtalin-Konzentration in den Räumen nach Einschätzung des Landesamtes für Gesundheitschutz (LAGetSi) nicht gesundheitsbeeinträchtigend, so Bey weiter. Doch Naphtalin rieche stark, und zudem sei eine Verstärkung der Belastung nicht auszuschließen. Das Mittel, aus dem auch Mottenpulver besteht, kann Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Allergien auslösen.

Das Insektizid befindet sich in einer Teerpappe, die zwischen 1920 und 1960 als Isolierschicht rund 30 Zentimeter tief in die Decken eingelassen wurde. Erst nach der Sanierung des Gebäudes, die 1996 beendet wurde, machte es sich durch starken Geruch bemerkbar. Bei Untersuchungen vor der Sanierung wurde das Insektizid nicht festgestellt.

Die Wirtschaftsverwaltung vermutet daher, daß die Weiberwirtschaft die Architektin oder die Baufirma für den Schaden haftbar machen könne. Genossenschaftsfrau von der Bey ist pessimistisch. „Das wird geprüft, aber es sieht schlecht aus: Es sind viele Untersuchungen gemacht worden, aber weil das Mittel so tief in den Dekken steckt, mußte man da einfach nicht drauf kommen.“

Betroffen sind etwa 2.500 Quadratmeter, fast die Hälfte des gesamten Gebäudekomplexes, in dem auch eine Kindertagesstätte untergebracht ist. Drei der bislang 60 Unternehmen, die alle von Frauen geleitet werden, sind bereits ausgezogen, andere innerhalb der Weiberwirtschaft in noch freistehende Räume umgezogen.

Ohne die Mieteinnahmen aus den belasteten Räumen könne die Genossenschaft höchstens noch ein Jahr durchhalten, so von der Bey. Spätestens dann müsse die Weiberwirtschaft Konkurs anmelden. Die Genossenschaftsfrauen wollen sich nun mit Briefen an die zuständigen SenatorInnen wenden und hoffen, daß diese sich auf der politischen Ebene für die Zukunft der Weiberwirtschaft stark machen. Von der Bey: „Noch stehen wir schließlich in Verhandlungen.“ Sabine am Orde