: Truppenverlegung offen
■ Bundesregierung hat noch nicht entschieden, ob der Bundestag einer Entsendung von Soldaten nach Albanien zustimmen muß
Bonn (taz) – Die Bundesregierung hat nach Angaben von Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye noch nicht abschließend geprüft, ob für eine mögliche Entsendung weiterer Bundeswehrsoldaten nach Albanien ein neuer Beschluß des Bundestages erforderlich ist. In dieser Woche wird sich das Parlament jedenfalls nicht mit der Angelegenheit befassen, denn das Kabinett hat auf seiner gestrigen Sitzung noch gar keinen entsprechenden Beschluß gefaßt. Die Angelegenheit sei nicht entscheidungsreif, teilte ein Sprecher der Hardthöhe mit. Noch sei die Befragung der Nato bei den Mitgliedsstaaten nicht abgeschlossen, wer sich mit welchen Einheiten an der Unterstützungsaktion für Kosovo-Flüchtlinge beteiligen könne. Beobachter halten es für möglich, daß der Kabinettsbeschluß auch mit Rücksicht auf Skeptiker in den Reihen der Regierungsfraktionen und der Opposition noch nicht gefällt worden ist. Abgeordnete fürchten, daß Bundeswehrsoldaten in Albanien in Kampfhandlungen am Boden verwickelt werden könnten, und bestehen nicht zuletzt deshalb auf einer Befassung des Parlaments.
Verteidigungsminister Rudolf Scharping hat mehrfach betont, es handele sich bei dem neuen Einsatz um „strikt humanitäre Aufgaben“ und nicht um die „schleichende“ Vorbereitung eines Bodenkrieges. Der Minister hatte am Dienstag die Bereitschaft der Regierung erklärt, sich mit einem Fernmeldebataillon und Transporteinheiten an der Aktion zu beteiligen. Er begründete den erweiterten Nato-Einsatz mit der Erkenntnis der UN-Flüchtlingsorganisation, sie sei nicht in der Lage, die große Zahl der Hilfesuchenden alleine zu versorgen. Nach Auskunft der Hardthöhe würden die bis jetzt vorgesehenen etwa 200 Bundeswehrsoldaten im Falle ihrer Entsendung voraussichtlich im Süden Albaniens eingesetzt, um dort logistische Hilfe bei der Versorgung der Flüchtlingslager zu leisten. Sie müßten allerdings trotz ihrer humanitären Aufgaben bewaffnet sein, da, wie Scharping im Kabinett erklärte, die „bittere Wahrheit“ sei, daß sie beschossen werden könnten. Bündnis 90/Die Grünen wollen nach den Worten ihrer Verteidigungsexpertin Angelika Beer ausschließen, „daß für den Fall einer militärischen Eskalation Soldaten möglicherweise ohne Beschlußlage in eine Kampfhandlung verwickelt werden.“ Auch der verteidigungspolitische Sprecher der CDU, Paul Breuer, betonte, es müsse ausgeschlossen werden, daß die deutschen Soldaten in einen Bodenkrieg geraten könnten. Aus Sicht der Unionsfraktion ist ein Bundestagsmandat für eine Entsendung von Soldaten nach Albanien erforderlich.
Eine Entscheidung ist gestern nach wochenlangem Tauziehen hinsichtlich der Höhe des Wehretats gefallen. Der Kompromiß, auf den sich Scharping mit Haushaltspolitikern der Koalition geeinigt hat, sieht für das Verteidigungsministerium zusätzliche Haushaltsmittel von insgesamt 441 Millionen Mark zur Finanzierung des Kosovo-Einsatzes in diesem Jahr vor.
Ungeachtet dessen muß die Hardthöhe ebenso wie alle anderen Ressorts eine Etatkürzung um 0,5 Prozent hinnehmen. Sie darf dafür aber künftig mehr Mittel aus dem Verkauf von Material und Liegenschaften behalten. Bettina Gaus
Das Bonner Verteidigungsministerium erhält im jetzigen Haushalt 441 Millionen zusätzlich für den Kosovo-Krieg
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