: Interesse an 5. Klassen geringer als erwartet
■ Andrang zu Gymnasien mit 5. Klasse und zum Expreßabitur verläuft zäh. Wegen kurzer Frist sind Eltern kaum über geplante Neuerungen informiert. Anmeldung nur noch bis nächsten Freitag
Seit fünf Tagen können Eltern ihre Kinder an Gymnasien anmelden, die mit Klasse fünf beginnen oder Expreßabitur machen wollen– doch es gibt bisher weniger Andrang als erwartet. Für Urte Schoenwälder, Schulleiterin der Albrecht-Dürer-Oberschule in Neukölln, laufen die Anmeldungen „ziemlich zäh“. In ihrer Schule soll es nach Willen der Senatsschulverwaltung ab dem nächsten Schuljahr zwei 5. Klassen geben, die zum Expreßabitur nach der 12. Klasse führen.
Ihrer Meinung nach liegt die mangelnde Nachfrage der Eltern am Fehlen von Informationen, daß diese Klassen nach langen politischen Diskussionen jetzt tatsächlich im nächsten Schuljahr eingerichtet werden. Besonders optimistisch ist sie nicht: „Ich hoffe, daß zumindest eine Klasse zustande kommt“, sagt Schoenwälder.
Erst am 30. März, zu Beginn der Osterferien, hatte der Senat beschlossen, mehr 5. Klassen an Gymnasien einzurichten, mit Latein als erste Fremdsprache. Gleichzeitig wurden Expreßabiturzüge mit Englisch in der 5. Klasse bewilligt.
Ingesamt handelt es sich um 908 zusätzliche Plätze, 1.068 Plätze gibt es bereits. Die Eltern haben jedoch nur Zeit, ihre Kinder bis Freitag nächster Woche anzumelden, viel zu kurz, wie viele SchulleiterInnen finden.
Das ist auch in Mariendorf zu spüren: Auf dem Eckener-Gymnasium soll eine fünfte Klasse eingerichtet werden, 20 Anmeldungen gibt es aber erst. „Normalerweise hätten wir einen Tag der offenen Tür veranstaltet“, ärgert sich Schulleiter Anselm Salinger. „Dazu war die Zeit aber viel zu kurz“.
Auch in Prenzlauer Berg ist der Andrang bisher verhalten: „Wir hatten vorher zwei Lateinklassen ab der fünften Klasse und haben jetzt noch eine dazubekommen“, sagt Silvia Salecker, Schulleiterin des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums in der Dunckerstraße. Diese sei bisher aber erst „halb voll“. Die Grundschulen gingen nicht in die Offensive, die neuen Gymnasialklassen anzukündigen, aus Angst, zu viele SchülerInnen zu verlieren.
„Diese Ressentiments kann ich verstehen“, sagt Salecker.
Ein weiterer Grund für das mangelnde Interesse: In Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee gebe es mit den neuen Plätzen jetzt ein sehr breites Angebot: „Vielleicht ist das zuviel“, vermutet die Schulleiterin.
Salecker ist jedoch „optimistisch“, ihre neue Lateinklasse komplett besetzen zu können.
Ein besonderes Problem, das sich durch die neugeschaffenen Klassen ergibt, hat jetzt die Sternberg-Grundschule in Schöneberg. Sie bietet seit 1987 Französisch als erste Fremdsprache ab Klasse 5 an. Um der Schule ein noch stärkeres Profil zu geben, hatte die Schulleitung beantragt, im nächsten Schuljahr ab Klasse 5 den Unterricht bilingual auf französisch und deutsch zu erteilen.
Den Zuschlag hat aber das im gleichen Gebäude befindliche Rückert-Gymnasium bekommen, wo jetzt erstmalig ab der 5. Klasse bilingual unterrichtet werden darf.
Der Antrag der Grundschule wurde abgelehnt. „Das ist sehr schade“, sagt Elenore Raatz, Schulleiterin der Sternberg-Grundschule. Sie hat große Befürchtungen, daß durch diese Entscheidung aber auch das derzeitige Angebot gefährdet wird. Denn zukünftig würden, so ihre Argumentation, die SchülerInnen gleich nach der 4. Klasse auf das Rückert-Gymnasium gehen, anstatt noch zwei Jahre auf der Grundschule Französisch zu lernen. Julia Naumann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen