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Draufprügeln, bis der Schlagstock bricht

■  Innensenator Werthebach räumt „Auswüchse“ beim Polizeieinsatz am 1. Mai ein, ist aber insgesamt zufrieden. Alles sei „relativ glimpflich abgelaufen“, lautete die Bilanz von 133 Festnahmen und 159 verletzten Polizisten

Trotz Straßenschlachten rund um den Kottbusser Damm ist für Innensenator Eckart Werthebach (CDU) das Polizeikonzept am 1. Mai aufgegangen. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren sei alles „relativ glimpflich abgelaufen“, sagte der Innensenator gestern. Werthebach will auch im kommenden Jahr das Deeskalationskonzept „AHA“ (Aufmerksamkeit, Hilfe, Appelle) wieder einsetzen und möglicherweise noch verstärken.

Doch obwohl sich die Polizei gemäß ihrem AHA-Konzept bei der „revolutionären 1.-Mai-Demonstration“, bei der am Samstag über 15.000 TeilnehmerInnen vom Oranienplatz in Kreuzberg zum Hohenstaufenplatz in Neukölln zogen, zunächst zurückhielt, war es irgendwann mit der Deeskalation vorbei. Am Abend kam es zu den alljährlichen Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantInnen und Polizei. Das Ergebnis: 133 DemonstrantInnen wurden festgenommen, 28 von ihnen inzwischen dem Haftrichter vorgeführt. 159 Polizisten wurden verletzt. Zahlen über verletzte DemostrantInnen liegen nicht vor.

Offensiv ging der Innensenaor gestern mit Beschuldigungen gegen einzelne Polizisten um. Er räumte ein, daß es bei dem Polizeieinsatz zu „Auswüchsen“ gekommen sei. Im Klartext heißt das: Einzelne PolizistInnen haben drauflosgeprügelt, was das Zeug hielt. Nach Angaben von Polizeipräsident Hagen Saberschinsky haben Polizeibeamte einen ihrer Kollegen angezeigt. Sie hatten ihn dabei beobachtet, wie er einer Demonstrantin, die vor Tränengas davonlief, nachrannte und diese mit einem Holzschlagstock derart heftig auf den Kopf schlug, daß der Schlagstock dabei zu Bruch ging. Noch ist lediglich die Einheit des Schlägers bekannt, nicht aber sein Name. Solche Vorfälle könne man bei einem derart großen Polizeieinsatz nicht ausschließen, sagte Werthebach und kündigte eine Untersuchung des Falles an.

Insgesamt war Schluß mit der Deeskalation, so die Polizei, als gegen halb neun Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper aus der Demonstration auf die Beamten geworfen wurden. Nach Angaben des Innensenators gingen dieWürfe von einem „harten Kern von 400 gewaltbereiten Störern“ aus. Daß die Polizei diese mit dem AHA-Konzept nicht erreichen könne, sei ihm klar gewesen, so Werthebach. Ziel aber sei es, Mitläufer von dieser Gruppe zu trennen. Und diese Strategie müsse weiter verfolgt werden. Sabine am Orde

Seiten 20 und 21

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