: Bremen verstaatlicht den Weinhandel
■ 500.000 Mark Subventionen bewilligt, damit die staatliche Ratskeller-GmbH Weingeschäfte eröffnen kann
Noch in diesem Herbst will die Ratskeller-GmbH, zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Bremen, im Walle-Center und auch im Hansa-Carre (Hastedt) neue Weinläden eröffnen. In den nächsten Jahren sollen Geschäfte im „Haven Hööft“ und im Space Park folgen. Derzeit betreibt die Ratskeller-GmbH schon einen Laden im Weserpark.
Um für diese Expansionsstrategie des staatlichen Weinhandels die finanzielle Basis zu schaffen, hat der Finanz- und Haushaltsausschuß der Bürgerschaft jetzt der Ratskeller-GmbH 400.000 Mark zugeschoben. In der mittelfristigen Finanzplanung ist der Ratskeller gleichzeitig mit einem jährlichen Zuschuß von 600.000 Mark ab dem Jahre 2000 abgesichert, in den letzten Jahren waren es ca. 570.000 Mark pro Jahr.
Hintergrund des Zuschußbedarfes des staatlichen Weinhandels ist u.a. die extrem ungünstige Lage des traditionsreichen Weinkellers: Moderne Wein-Lager werden verkehrsgünstig am Stadtrand eingerichtet, wo die Weinkisten mit dem Gabelstapler bis aufs Hochregallager gefahren werden können. Die Keller unter dem Rathaus sind das Gegenteil einer effektiven Lager-Einrichtung. Auch zu der Verkaufsstelle hinter dem Rathaus gibt es keine PKW-Zufahrt, jede Weinflasche muß einzeln in der Einkaufstüte weggeschleppt werden. Zudem hat der Ratskeller das Prinzip, nur (teure, hochwertige) deutsche Weine zu verkaufen ein privates Weingeschäft ist durch die großen Umsätze mit preiswerten Mittelmeer-Weinen nicht lebensfähig.
Die Ratskeller-GmbH drücken zu allem Überfluß Pensionslasten aus früheren Jahren, die die Stadtgemeinde jedes Jahr großzügig begleicht. Auch für die Räume zahlt die Ratskeller-GmbH nichts, die Pacht des Maritim-Hotels für die Ratskeller-Gastronomie kann die Ratskeller-GmbH als Einnahmen verbuchen, erklärte Geschäftsführer Heiko Hillmann.
Dennoch gab es keinen Interessenten, als die Ratskeller-GmbH vor einigen Jahren auf der Liste zu verkaufender staatlicher Unternehmen stand – selbst für eine Mark wollte sie niemand haben. So entschied sich die bremische Politik zur Flucht nach vorn: Durch Verkaufsstellen quer durch die Stadt sollen Einnahmen erwirtschaftet werden, mit denen langfristig sogar der Zuschuß-Bedarf gemindert werden könnte, versprach der Finanzsenator im Haushaltsausschuss. Die Parlamentarier glaubten das und stimmten einstimmig der zusätzlichen Geldspritze von 400.000 Mark zu.
„Das kann überhaupt nicht funktionieren“, ist dagegen das Urteil unter etablierten Bremer Weinhändlern. Überschüsse, mit denen ein unrentierliches Lager finanziert werden könnte, macht keiner von ihnen. Das Weingeschäft im Walle-Center ist auch in der Branche wie Sauerbier angeboten worden. Die Verkaufsstelle im Weserpark sei mit 500.000 Mark Umsatz auf 35 Quadratmetern Verkaufsfläche ein Erfolg, der wiederholt werden soll, erklärte dagegen Ratskeller-Geschäftsführer Hillmann seine Geschäftsstrategie.
„Das kann nicht stimmen“, entgegnen private Weinhändler, ohne den Kollegen vom Ratskeller zu nahe treten zu wollen – das kleine Geschäft im Weserpark müßte jeden Samstag weit mehr als 3.000 Mark Umsatz mit hochpreisigen Weinen machen – „das sind Phantasie-Zahlen“. Wenn der Umsatz der Ratskeller-GmbH (derzeit insgesamt 4 Millionen Mark) steige, werde man Lagerkapazitäten außerhalb des Ratskellers einrichten müssen, sagt Geschäftsführer Hillmann. Und spätestens da sehen die privaten Weinhändler rot, denn das heißt im Klartext: Mit erheblichen staatlichen Subventionen soll ein Staatsbetrieb dem privaten Weinhandel die Kunden abjagen. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen