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Grünen-Spitze will Nato-Angriffsstopp

■ Der auf Kompromiß angelegte Leitantrag zum Parteitag soll eine Spaltung der Partei und einen Bruch der Koalition verhindern

Bonn (dpa) – Der Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen hat in einem auf Kompromiß angelegten Leitantrag für den Bielefelder Sonderparteitag eine Unterbrechung der Nato-Luftangriffe gegen Jugoslawien gefordert. Der Leitantrag wurde vor der am späten Nachmittag bekanntgewordenen Belgrader Ankündigung eines Teilabzugs aus dem Kosovo gefaßt. Die Parteiführung geht mit ihrem Beschluß vom Montag damit zwar auf Distanz zur Nato-Linie im Kosovo-Konflikt. Zugleich werden die Bemühungen von Bundesaußenminister Joschka Fischer um eine politische Lösung aber ausdrücklich gewürdigt und unterstützt. Ein Rückzug aus der rot-grünen Koalition wird auch nicht ansatzweise gefordert. Mit dieser Linie soll auf dem Sonderparteitag am Himmelfahrtstag eine Spaltung der Partei und ein Bruch der Koalition verhindert werden. Die Pazifisten und Linken konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Antrag verständigen.

Nachdem bereits mehrere radikalpazifistische Anträge mit deutlicher Regierungskritik vorgelegt wurden, einigten sich führende Vertreter des linken Flügels um den Berliner Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele auf einen eigenen Antrag. Er ist weniger weitgehend als die Forderungen des Pazifistenflügels, aber zugleich auch deutlich schärfer als der Leitantrag.

Gefordert wird – im Unterschied zur Linie Fischers – eine sofortige einseitige Beendigung der Nato-Angriffe. „Nur ein Ende der Bombardierungen eröffnet auch neuen Spielraum für Verhandlungen über die Deeskalation des Konflikts und ein Friedensabkommen.“ Die Nato- Strategie sei gescheitert, heißt es in dem Antrag, der auch von der nordrhein-westfälischen Umweltministerin Bärbel Höhn, NRW-Fraktionschef Roland Appel sowie der Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Claudia Roth, unterstützt wird. Die Logik der Kriegführung müsse politisch durchbrochen werden.

Im Vorstandsleitantrag des Parteivorstands wird Fischer als „erster verantwortlicher Politiker im Westen“ gelobt, der einen konkreten Vorschlag zu einer diplomatischen Lösung entwickelt habe. Um die diplomatische Chance auf eine Lösung zu verstärken, sollte die Nato einen befristeten Stopp der Bombenangriffe erklären. Die Waffenpause könne verlängert werden, wenn die jugoslawische Seite mit der Einstellung der Vertreibungen und mit dem Rückzug ihrer bewaffneten Kräfte aus dem Kosovo beginne.

Ungeachtet der unterschiedlichen Anträge bekräftigte der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin seine Einschätzung, daß die Koalition auch nach dem Parteitag weiter Bestand haben wird. Lukas Beckmann, Gründungsmitglied der Grünen und einer der profilierten Vertreter der Friedensbewegung aus den 80er Jahren, forderte seine Partei auf, sich eindeutig hinter den Kurs Fischers zu stellen. Radikalpazifisten um Ulrich Cremer aus Hamburg haben dafür plädiert, auch die Bundesregierung und den Fischer-Kurs zu kritisieren. Die Bundestagsabgeordnete Annelie Buntenbach kündigte mit anderen Fraktionsmitgliedern einen weiteren Antrag an, in dem eine sofortige und endgültige Beendigung der Nato-Luftangriffe verlangt wird.

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