: Krieges- statt Siegessäule
■ PDS demonstriert im Tiergarten gegen Militarismus und den Kosovo-Krieg
Die Touristen, die sich am Samstag trotz Regen und Wind zum Großen Stern im Tiergarten verirrten, staunten nicht schlecht: Die Siegessäule, die in der Mitte des Platzes thront, stand zwar noch – doch der Name war ein anderer: „Kriegessäule“ war auf vier Transparenten zu lesen, die in allen Himmelsrichtungen an der Säule hingen. Anläßlich des Tags der Kriegsdienstverweigerer protestierten damit symbolisch 20 PDS-Mitglieder gegen Militarismus und den Kosovo-Krieg.
Jedem schaulustigen Touristen wurde der Aufstieg zu der goldenen Siegesgöttin erst nach Entgegennahme eines Flugblattes gewährt. „Laß Dich nicht einziehen!“ heißt es darin. Doch die PDS ruft nicht nur zur Kriegsdienstverweigerung auf. Auch in bezug auf den Zivildienst, als „Zwangsdienst“ kritisiert, weist sie darauf hin, daß jeder Zivildienstleistende ebenso „die Wehrpflicht erfüllt“ und im „Kriegsfall unbefristet einberufen werden“ kann. Aktuell spricht sich die PDS gegen eine Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen und für einen sofortigen Stopp der Nato-Bombardements in Jugoslawien aus.
Damit trifft die Partei die Stimmung all jener verbitterten Grünen-Anhänger, die spätestens seit dem Sonderparteitag in Bielefeld und kurz vor der anstehenden Europawahl nach neuen politischen Ufern suchen. Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt hingegen betont, daß diese Aktion „in erster Linie einer Beendigung des Krieges“ und weniger als „Wählerfang“ dienen sollte. „Ich mag es persönlich nicht, daß dieser Krieg fast als Wahlkampfmittel mißbraucht wird.“
Die Siegessäule wurde somit auch ganz bewußt als Ort des Protests gewählt. „Schließlich repräsentiert sie preußischen Militarismus“, erläutert die Bundestagsabgeordnete. Da scheint die Umbenennung in Kriegessäule treffend zu sein. Selbst bei den Polizeibeamten, die mit ihren Einsatzwagen von Zeit zu Zeit die „Kriegessäule“ friedlich umkreisten, schien der Name auf allgemeine Zustimmung zu treffen. Keiner von ihnen forderte die Protestierer auf, die Plakate zu entfernen. Einziger Gegner war der Wind, dessen Böen ständig die provisorisch mit Klebeband fixierten Plakate abrissen. Katrin Cholotta
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