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Richter Schill unter Druck

■ Staatsanwaltschaft legt Berufung ein

Nach seiner gnadenlosen Verurteilung eines 35jährigen wegen Nötigung der Polizei gerät der berüchtigte Amtsrichter Ronald Schill unter Druck. Neben Verteidigerin Ursula Ehrhard wird auch die Hamburger Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen. „Die Berufung bezieht sich auf das Strafmaß. Das halten wir für überzogen“, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Rüdiger Bagger. Schill hatte den 35jährigen Andreas B. am Mittwoch zu 15 Monaten Knast ohne Bewährung verurteilt, weil er vor der Roten Flora Polizisten bei der Überprüfung von Junkies behindert haben soll.

Zugleich berichtete die Hamburg Welle des NDR gestern, daß Schill selbst für den Medienrummel gesorgt hat, der während des Prozesses herrschte. So hatte der Richter eigens in ausgewählten Redaktionen angerufen, die bislang stets brav seine absurden Urteilsbegründungen und abwegigen Rechtsauffassungen (Todesstrafe) transporiert haben, um sie zu seiner Polit-Show einzuladen. Stets habe er bei seinen Telefonaten die „diskrete Bitte“ geäußert, die Einladung vertraulich zu behandeln. In dem Urteil hatte Schill dann die Rote Flora als „rechtsfreien Raum“ tituliert, wo sich „Chaoten und Verbrecher“ tummelten – und zwar unter den duldenden Augen der Polizei.

Während der Urteilsverkündung hatte Schill zwei Personen in Ordnungshaft nehmen lassen. Ein junger Mann erhielt drei Monate Ordnungshaft, weil er während der Urteilsverkündung nicht ordentlich und gerade stand. Wegen der Festnahme war es dann mediengerecht zur polizeilichen Räumung gekommen. Obwohl Rechtsanwalt Andreas Beuth unmittelbar nach den Ordnungsstrafen Beschwerde gegen die Haftmaßnahmen eingelegt hatte, fand Schill erst gestern abend Zeit, sich damit zu befassen. Die Anwälte Ehrhard und Beuth erwägen nun Strafantrag wegen „Freiheitsberaubung“ zu stellen.

Kai von Appen

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