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KommentarGummischwert

■ Keine Chance gegen Verschleppungstaktik

Die Aufgabe eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist es, Sachverhalte, die im öffentlichen Interesse liegen, aufzuklären und darüber Bericht zu erstatten. Seine Rechte gehen hierzu über die des Parlaments noch hinaus. Ihm steht ein Beweiserhebungsrecht analog zur Strafprozeßordnung zu. Er hat Anspruch auf Rechts- und Amtshilfe von Behörden. Bis auf begründete Ausnahmen ist seine Beweisaufnahme öffentlich.

Der Ausschuß hat somit eine rechtlich starke Stellung. Er gilt daher als die schärfste Waffe des Parlaments. Was diese „Waffe“ im Ernstfall wert ist, wird im Berliner Abgeordnetenhaus gerade eindrücklich demonstriert.

Schon der Einsetzung des Ausschusses ging wochenlanges Gerangel voraus. Schließlich wurden die Anträge von CDU und PDS zu einem Untersuchungsauftrag verbunden, die verschiedenen Fragenkataloge im Reißverschlußverfahren ineinandergewoben.

Die vom Innensenat bisher überstellten Akten umfassen exakt 124 Seiten. Über die Hälfte davon besteht aus leeren Blättern, weil irgendeine Zustimmung fehlt. Die Beweisanträge der CDU gehen einmal rund um den Globus.

Damit nicht genug, wird zur weiteren Behinderung der Aufklärung nun das Verfassungsgericht eingeschaltet. Und dies wird nicht das letzte Mal sein. Dabei genügt schon ein Blick auf den Kalender, um zu sehen, daß zu der dringend gebotenen Aufklärung des Todes der vier Opfer vor dem israelischen Konsulat kaum Zeit bleibt. Mit dem Ende der Legislaturperiode nämlich endet auch der Untersuchungsauftrag.

Daß die Behörden selbst an der Aufklärung kein Interesse haben, haben sie bereits bewiesen. So verkommt der Ausschuß Schritt für Schritt zur Farce.

Nutznießer ist Innensenator Eckart Werthebach. Nicht einmal die Frage nach seiner politischen Verantwortung wird sich so am Ende klären lassen. Und genau dies ist das Ziel der CDU.

Die Ausschußmehrheit hat gegen diese Verschleppungstaktik kaum Gegenmittel. Die „schärfste Waffe“ des Parlaments ist in ein Gummischwert verwandelt worden, und damit lassen sich nur in einem Comic scharfe Streiche führen. Otto Diederichs

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