Kommentar: Geringfügig
■ Walter Momper und sein putziger Wahlkampf
Er hätte so schön sein können. Kein Kassengestell mehr wie Jassir Arafat oder Hans Koschnik, sondern etwas Neues, nichts mit rot und schaal, sondern ganz modisch. Einer, der den Kopf nicht hängen läßt. Einer, der sagt, was er denkt. Neue Brille, neuer Momper, neuer Durchblick? Denkste!
Daß das neue Momper-Plakat nicht hält, was sich die verzweifelten Genossen versprachen, man hätte es ahnen können. Aber welcher Genosse hätte dem Kandidaten wohl zugetraut, sich selbst zu versprechen – vor einem Millionenpublikum, alles potentielle Wähler? Auch er habe eine Putzfrau, momperte er in die laufenden Kameras, natürlich ohne Steuerkarte, warum auch? Da fragt man sich natürlich, welcher Job geringfügiger ist – der einer Putzfrau oder der eines SPD-Spitzenkandidaten?
Kleiner, politisch unkorrekter Exkurs: Klaro, machen alle, Momper spricht nur aus, was andere heimlich tun. Wahrscheinlich sogar die Grünen. Auch die haben inzwischen (fast) alle Putzfrauen (oder -männer). Wetten, daß?
Walter Mompers Problem, so heißt es, liege darin, daß ihm keiner glaubt. Vielleicht hat er ja auch deshalb mal die Wahrheit gesagt. Nur eben zur falschen Zeit und am falschen Ort. Weil ihm das keiner dankt, wird die Wahrheit, sagen wir einmal: geringfügig optimiert. Nun ist's plötzlich ein Familienmitglied, das bei Mompers feudeln geht, und alles ganz für lau. Da lachen selbst die Nachbarn.
Der ehrlichen Haut steht nun ein blauer Brief ins Haus. Vom Finanzamt. Eine Kopfnote der Finanzsenatorin, sozusagen. Putziger kann Wahlkampf gar nicht sein. Nur schade, daß die Berliner Presse zwar hauptstadt-, aber noch nicht watergatefähig ist. Mal Hand auf's Herz! Wenn schon einer seine weißen Hemden schwarz waschen läßt, wär ein kleiner Lauschangriff auf die nächste Sitzung der SPD-Quadriga doch o. k., oder?
Was, so könnte man in leichter Abwandlung eines Witzes fragen, ist der Unterschied zwischen Diepgen und Momper? Über Diepgen lacht der Himmel und über Momper die ganze Stadt. Unbeschwerter kann man gar nicht mehr joggen. Jeder Schritt ein Treffer. Und jedes weitere Momper-Interview ein diebisches Vergnügen. Uwe Rada
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