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Verfassungsrichter als Zankapfel

■  SPD-Fraktionschef Klaus Böger macht wegen der verschleppten Nachwahl von fünf Verfassungsrichtern Druck auf die CDU. Parlamentspräsident Herwig Haase hat alle Fraktionen heute zu einem klärenden Gespräch eingeladen

Die SPD macht Druck. Vor dem heutigem Gespräch über die von der CDU blockierte Nachwahl von Verfasssungsrichtern übte SPD-Fraktionschef Klaus Böger scharfe Kritik am Koalitionspartner: „Die CDU hat kein Dauer-Abonnement auf das Amt des Verfassungsgerichtspräsidenten.“ Das Vorschlagsrecht liege diesmal bei der SPD. Die CDU erhebt erneut den Anspruch, den Präsidenten zu stellen, obwohl sie 1992 den jetzt ausscheidenden Präsidenten Klaus Finkelnburg nominiert hatte. Auch beim Bundesverfassungsgericht wird der Präsident abwechselnd von den großen Parteien SPD und CDU vorgeschlagen.

Die Amtszeit von fünf der neun Richter ist bereits im März abgelaufen. Sie müssen jedoch im Amt bleiben, bis das Parlament ihre Nachfolger mit Zweidrittelmehrheit gewählt hat. Böger warf der CDU vor, „keinen verantwortungsvollen Umgang“ mit dem höchsten Berliner Gericht zu pflegen. Bei den Richtern herrsche „mittlere Empörung“ über die Verschleppung der Nachwahl. Ein Mitglied des Gerichtes sprach gegenüber der taz von einer „Streßsituation“, da man bei der beruflichen Planung davon ausgegangen sei, dem Verfassungsgericht nicht länger anzugehören. Das Richteramt üben viele zusätzlich zu einer Rechtsanwaltstätigkeit aus. Nun entstehe eine „Doppel- und Dreifachbelastung“.

Die CDU versucht derzeit, mit juristischen Interpretationen die Wahl eines von der SPD vorgeschlagenen Kandidaten zu blokkieren. Die SPD hat den derzeitigen Vizepräsidenten Ulrich Storost als Nachfolger Finkelnburgs präsentiert. Storost gehört dem Gericht seit zwei Jahren an. Nach Ansicht der CDU wäre die Wahl des Vize zum Präsidenten eine Wiederwahl. Dies sei aber in § 2 des Verfassungsgerichtsgesetzes ausgeschlossen: „Eine Wiederwahl ist nicht zulässig.“ Zu einer ganz anderen Auffassung kommt indes die SPD-geführte Senatsjustizverwaltung: Eine Wiederwahl sei nur ausgeschlossen, wenn die Amtszeit von sieben Jahren bereits abgelaufen sei. Es sei jedoch ohne weiteres möglich, daß ein Mitglied des Gerichts für den Rest seiner Amtszeit an die Spitze des Verfassungsgerichtes aufrücke. Dies werde auch beim Bundesverfassungsgericht so gehandhabt.

Eine Stellungnahme der CDU war gestern nicht zu erhalten. Die letzte Möglichkeit zu einer Nachwahl vor der Sommerpause bietet sich bei der Parlamentssitzung am 1. Juli. Ein Präzendenzfall aus dem Saarland zeigt aber, daß eine endlose Verschleppung nicht zulässig ist: Als dort 1997 die Amtszeit von zwei Richtern um 13 Monate überzogen wurde, sperrte das Gericht die beiden. Dorothee Winden

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