: SPD-Rettungsanker München
Lichtblick für die SPD nach der Europa-Wahlschlappe: Mit 61 Prozent verteidigt Christian Ude den OB-Sessel in der bayerischen Landeshauptstadt ■ Von Bernd Siegler
Nürnberg (taz) – Angesichts von 64,0 Prozent für die CSU bei den Europawahlen regiert der Katzenjammer bei den weißblauen Sozialdemokraten. Daß dies nicht in tiefste Depression umschlägt, dafür hat Christian Ude gesorgt. Mit 61 Prozent der Stimmen verteidigte er souverän den Oberbürgermeistersessel in der Landeshauptstadt München und damit eine der letzten roten Hochburgen im ansonsten schwarzen Freistaat.
„Lassen Sie diesen wirklich tüchtigen Oberbürgermeister weiterarbeiten“, hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Münchner Wähler bei der zentralen Abschlußkundgebung der SPD zur Europa- und OB-Wahl angefleht. Und die Münchner, die bei den Europawahlen mit satten 48,4 Prozent die Schwarzen wählten, erhörten Schröders Wunsch. Sie gaben ihr Votum dem Mann, der sich in der Vergangenheit oft von der offiziellen SPD-Parteilinie verabschiedet hat, um die Stimmung des Volkes aufzugreifen. So ließ Ude den jugendlichen Serientäter Mehmet abschieben und gab dem großen FC Bayern München bei der Frage des Stadionneubaus nach. Zudem konnte er eine hervorragende ökonomische Bilanz aufweisen: Tausende von Betrieben siedelten sich neu an in der Stadt.
Da hatte der CSU-Verlegenheitskandidat Aribert Wolf keine Chance. Der Herausforderer, der am Tag vor der Wahl für sich noch einen „Überraschungssieg“ prognostizierte, kam auf schlappe 37,4 Prozent. Der 40jährige war in der eigenen Partei sowieso nur vierte Wahl, nachdem die in sich zerstrittene Münchner CSU drei Kandidaten verschlissen hatte. Der unbekannte Wolf hatte sich wacker bemüht. So posierte er in seiner Not auf Wahlplakaten mangels eigenen Hundes mit einem geliehenen Rauhhaardackel und mangels eigener Kinder mit Nichte und Neffe – doch alles umsonst.
Während Wolf kurz nach der Stimmenauszählung schon eine erneute OB-Kandidatur 2002 ablehnte, will Ude es auf jeden Fall noch mal wissen.Pech für die bayerischen Genossen: Die hätten den Siegertypen gern als Spitzenmann für die bayerischen Landtagswahlen 2003 gehabt.
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