Kommentar: Primat des Profits
■ Warum der Atomausstieg nichts halbes, sondern nur etwas ganzes sein kann
Die Diskussion nimmt immer absurdere Züge an, und der Einstieg in den Ausstieg aus dem Atomausstieg wird immer konkreter. Klar ist allenfalls, daß keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden, weder in Hamburg und Umgebung noch anderswo in Deutschland. Die Stillegung von Atomreaktoren rückt dadurch allerdings um keinen Tag näher.
Den HEW ist dieses kaum vorzuwerfen. Sie sind ein Wirtschaftsunternehmen und haben daraus nie einen Hehl gemacht. Ihre Aktionäre, und der größte von ihnen ist immer noch die Stadt Hamburg, verdienen prächtig an dem Produkt, das der hanseatische Monopolstromer herstellt; und so lange das der Fall ist, werden die gemeingefährlichen Produktionsbedingungen schwerlich zu beseitigen sein. Die HEW sind laut Satzung zum Abschalten ihrer Meiler gezwungen, „wenn dies wirtschaftlich vertretbar ist“: 27 Prozent Dividende gelten da als unwiderlegbares Argument.
Die Politik, in Bonn wie in Hamburg, hat inzwischen den Primat des Profits anerkannt – und dem hat argumentativ nichts entgegenzusetzen, wer aus dem Hamburger Koalitionsvertrag herausliest, daß da keine Rede sei von der Abschaltung eines ganzen AKWs. Solche Verhandlungs-„Partner“ bringen jeden HEW-Manager zum Strahlen.
Denn die zwangsläufige Frage, wie denn ein halber Reaktor stillgelegt werden könne oder ein ganzer Atommeiler nur halb, kann er ganz einfach beantworten: Dafür braucht's zusätzliche Vollastjahre.
Politische Dummheit sichert eben die Dividende.
Sven-Michael Veit
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