Schwule, Lesben: Parias der Republik

Das NS-Regime verfolgte Homosexualität grundsätzlich. Das Männerbild des Dritten Reiches war strikt an der soldatischen Figur orientiert: Sie sollte entschieden, stark, unnahbar – und also unweiblich sein. Tausende von Schwulen wurden in KZs zu Tode geschunden, kastriert oder waren Objekte medizinischer Versuche.

Die homosexuellen NS-Verfolgten freuten sich zu früh über die Befreiung vom Faschismus. Der von den Nazis verschärfte §.175 sollte bis 1969 Gültigkeit behalten: Homosexualität war untersagt. Unter den christdemokratischen Regierungen wurden mehr Schwule verurteilt und ins Gefängnis gesteckt als zwischen 1933 und 1945 – nicht zuletzt mit Hilfe petzender und voyeuristischer Nachbarn, Zimmerwirte und Vermieter. Die Wiedergründung des bürgerrechtlichen, von den Nazis zerschlagenen Wissenschaftlich-humanitären Komitees untersagten 1950 die Behörden.

1957 erklärte das Bundesverfassungsgericht zudem, die NS-Fassung des § 175 berge kein typisches NS-Recht. Die heterosexuelle Kleinfamilie war damit endgültig zur verfassungsgebenden Norm schlechthin erklärt. NS-Opfer-Wiedergutmachungen haben Schwule bis heute nur auf dem Wege des Goodwills erhalten.

Anfang der siebziger Jahre organisierten sich Schwule zu einer politischen Bewegung: Rosa von Praunheims Film Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt wirkte wie eine Befreiung auf das denunziatorische und homophobe Klima der fünfziger und sechziger Jahre. Der Paragraph 175 wurde erst nach der Wiedervereinigung Anfang der neunziger Jahre getilgt; die Übernahme des liberaleren DDR-Rechts sieht gleiche Schutzaltergrenzen für Homo- wie Heterosexuelle vor.

Die Nazitradition dauert an: Bis heute hat sich die politische Elite der BRD nicht für die antihomosexuelle Verfolgung der Nachkriegszeit entschuldigt, deren Opfer nicht rehabilitiert. Homosexuelle haben nach wie vor nicht die gleichen Bürgerrechte wie Heterosexuelle. JaF