: Stühlerücken für Senatsposten
■ Drei Monate vor der Landtagswahl bringt die CDU ihre Kandidaten ins Spiel um künftige Senatsämter. SPD hält sich noch offiziell zurück. Schattenkabinett Diepgen im August
Wozu noch wählen gehen? Wie es nach dem 10. Oktober weitergeht, ist allem Anschein nach längst ausgemacht. CDU und SPD werden ihre Zwangsehe fortsetzen, und im verkleinerten Senat sind die meisten der acht Plätze längst gebucht. Auf der Unionsseite hat Fraktionschef Klaus Landowsky die Senatoren Eckart Werthebach, Peter Radunski und Wolfgang Branoner für ministrabel erklärt, und bei den Sozialdemokraten sind Annette Fugmann-Heesing und Peter Strieder wieder halbwegs fest gebucht. Auch über einen Wirtschaftssenator Walter Momper oder einen Schulsenator Klaus Böger wird schon munter spekuliert.
Daß die Sozialdemokraten über solche Planspiele nicht gerne reden, versteht sich von selbst. Schließlich halten sie offiziell am Wahlziel Rot-Grün fest. Momper soll nicht Senator, sondern Regierender Bürgermeister werden. Die CDU, mit Koalitionsalternativen nicht gesegnet, hält sich da weniger zurück: Im August will sie nach den Worten des Parteisprechers zwar kein regelrechtes Schattenkabinett, aber immerhin „eine Reihe von ministrablen Personen“ ins Rampenlicht rücken.
Tatsächlich sind die Würfel noch keineswegs gefallen. Neue Ressortzuschnitte, der Parteienproporz, die Frauen- und die Ost-Quote könnten manchen vermeintlich sicheren Kandidaten noch vom Kabinettstisch fernhalten. Wenn er einen Senatsposten überhaupt anstrebt: Schließlich wäre für SPD-Fraktionschef Böger der Wechsel ins leichtgewichtige Schulressort gewiß kein Karrieresprung, und Kultursenator Peter Radunski (CDU) liebäugelt schon länger mit einer Rückkehr in die Bundespolitik.
Bei der Kabinettsverkleinerung gilt es als wahrscheinlich, daß die Stadtentwicklung mit dem Bau- und Verkehrsressort fusioniert – allzuoft haben die beiden Ressorts gegeneinander gearbeitet. Die Technologie würde dann dem Wirtschaftssenator zugeschlagen, der womöglich obendrein die Arbeitsverwaltung erhielte. Dann entstünde ein wahres Zukunftsressort, für das Strieder gewiß Ambitionen hätte. Der SPD-Chef könnte sich gewiß auch mit dem Bauressort anfreunden.
Eine Fusion von Wirtschafts- und Finanzressort, die Landowsky ins Gespräch gebracht hat, erscheint dagegen wenig plausibel. Schließlich würde kein Koalitionspartner dem anderen ein solches Mega-Ressort gönnen.
Die beiden Querschnittsressorts Inneres und Finanzen werden sich CDU und SPD wohl wieder aufteilen. Die Amtsinhaber Werthebach und Fugmann-Heesing gelten weithin als unangefochten, auch wenn es in den Reihen der SPD starke Vorbehalte gegen den Innensenator gibt.
In den Reihen der Union werden neben Branoner vor allem die Abgeordnete Monika Grütters und Finanzstaatssekretär Peter Kurth als ministrabel angesehen. Grütters hat keine schlechten Chancen – schließlich hat die Partei nur wenige Frauen aufzubieten. Denkbar wäre auch, daß die Berliner CDU erneut im Reservoir jener Unionspolitiker fischt, die nach der letzten Bundestagswahl ihren Job im Bund verloren haben. Schon Werthebach zählte zu dieser Gruppe, und für eine ganze Legislaturperiode wird Diepgen leichter Personal locken können als im vorigen Herbst für nur ein Jahr.
Immerhin erscheint es als halbwegs sicher, daß die Sozialdemokraten wieder die Hälfte der Senatoren stellen dürfen. „Je schlechter die SPD abschneidet“, so wird in CDU-Kreisen kolportiert, „desto mehr Senatsposten muß man ihr geben.“ Schließlich könnte die SPD-Basis sonst auf Oppositions- oder gar Tolerierungsgedanken kommen. Falls die SPD besser abschneiden sollte, wird sie erst recht vier Kabinettsposten beanspruchen können.
Vor Überraschungen ist freilich niemand gefeit. Schließlich seien Koalitionsverhandlungen stets „ein ausgeklügeltes Spiel von Überlegungen“, sagt CDU-Fraktionssprecher Markus Kauffmann, „da entscheiden sich Schicksale in Minuten.“ Ralph Bollmann
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