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Steht immer drauf, was drin ist?

■ Ist der Schokoriegel gentech-frei? Stimmt die Deklaration auf der Packung? Antworten gibt die taz-Gen-Tech-Serie / Teil 1

Wenn wir uns im Supermarkt mal Zeit nehmen und das Kleingedruckte auf den Verpackungen lesen, werden wir nur mit Mühe Hinweise zur Gentechnik finden. Erst auf wenigen Produkten steht der Hinweis „aus genetisch verändertem Mais/Soja hergestellt“. Denn hier schreibt die Europäische Union (EU) nur unter bestimmten Bedingungen eine Kennzeichnungs-pflicht vor. Für das Etikett „Ohne Gentechnik“ allerdings gelten EU-Vorgaben, die ähnlich streng sind wie für bei Bio-Produkten.

Unter welchen Bedingungen neuartige Lebensmittel verkauft werden dürfen, wird durch die Novel-Food-Verordnung geregelt. Derzeit gilt: Wenn eine gentechnische Veränderung im Labor nachweisbar ist, muss gekennzeichnet werden. Und genau da liegt der Haken. Die genetische Veränderung von Ölen aus Soja oder Raps zum Beispiel ist im Labor noch nicht feststellbar. Die Kennzeichnungspflicht entfällt also. Auch viele Zusatzstoffe wie Enzyme und Aromen fallen aus diesem Grund durchs Netz.

Auf dem deutschen Markt gibt es rund 30.000 Produkte, die Mais oder Soja enthalten. Schätzungsweise 6.000 davon fallen unter die Kennzeichnungspflicht. Da die Europäische Union immer noch keine Ausführungsbestimmung erlassen hat, drücken sich die meisten Hersteller um die Kennzeichnung ihrer Produkte. Das erste Produkt mit einem solchen Etikett war Nestlé mit dem Butterfinger. Der Schokoriegel ist inzwischen aber schon wieder vom Markt: die Verbraucher wollten vom gentech-Riegel nichts wissen.

Die Unsicherheit bei der Deklaration zeigt sich allerdings schon bei der Formulierung: Statt „gentechnisch“ sollte auf den Verpackungen „genetisch“ stehen – ein Übersetzungsfehler aus dem Englischen!

Und die Aufschrift „Ohne Gentechnik“ – bedeutet das wirklich gentechnik-frei? Im Prinzip ja. Für die Kennzeichnung ist ausschlaggebend, dass die Produkte nachweislich nicht mit Gentechnik in Berührung gekommen sind. Es dürfen weder Rohstoffe aus transgenen Pflanzen, noch Enzyme oder Zusatzstoffe, Aromen und ähnliches aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen für die Lebensmittelherstellung verwendet werden. Auch in der Tierhaltung dürfen keine Futtermittel oder Futtermittelzutaten aus transgenen Organismen eingesetzt werden.

Doch lassen sich „gentechnische Verschmutzungen“ nicht völlig ausschließen. Da überträgt schon mal eine Biene oder der Wind einige Gentech-Pollen auf eine konventionelle Pflanze oder ein paar Gentech-Maiskörner sind im Transport-Behälter hängengeblieben. Sogenannte Minimalverunreinigungen, die unbeabsichtigt und unvermeidbar sind, werden in der Verordnung ausdrücklich erlaubt. Leider hat man sich bis heute nicht auf Grenzwerte geeinigt, so dass auch die Hersteller verunsichert sind. Die Analysemethoden sind allerdings hier so gut, dass fast jedes Molekül nachgewiesen werden kann. Ein Grenzwert, der bei ein bis zwei Prozent gentechnisch verändertem Erbmaterial liegt, wäre wohl akzeptabel.

Ohne Label garantieren der ökologische Landbau und die Reformhäuser gentechnik-freie Ware. Auch beim Babynahrungsmittelhersteller Hipp gibt es gentechnik-freie Produkte.

Hoffen wir also auf die Novellierung der Novel-Food-Verordnung, damit es endlich heißen kann: Verbraucher entscheide selbst, wenn Du kannst. Karin Kreutzer

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