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Familienministerin: Anschaffen wird ganz normaler Beruf

■  Christine Bergmann erarbeitet Gesetzentwurf, der Prostitution nicht mehr als „sittenwidrig“ geißeln soll. Auch soziale Absicherung wird möglich

Berlin (taz/dpa) – Was die CDU/FDP-Regierung im vergangenen Jahr noch verhindert hat, soll jetzt doch Wirklichkeit werden: die Anerkennung von Prostitution als Beruf. Frauen- und Familienministerin Christine Bergmann (SPD) will dazu Anfang nächsten Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen.

Prostitution solle nicht mehr als „sittenwidriges Gewerbe“ gelten, sagte Bergmann der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Nach Schätzungen der Polizei gehen in Deutschland 400.000 Frauen diesem Gewerbe nach, das gesetzlich nicht verboten ist. Eine Million Männer nutzen täglich diese Dienstleistung, schätzen Experten.

Bergmann möchte den betroffenen Frauen die Möglichkeit einräumen, sich sozial abzusichern. Bislang können sich Prostituierte nur privat rentenversichern. Eine Arbeitslosenversicherung ist den Prostituierten, die quasi als Angestellte in einem Bordell arbeiten, verwehrt. Eine Krankenversicherung abzuschließen ist ebenfalls schwierig. Nur in Dänemark gebe es eine Versicherung, die offiziell Prostituierte aufnehme, erklärte Andrea Petsch von „Hydra“, einer Berliner Beratungsstelle für Prostituierte. Wegen Sittenwidrigkeit lehnten Krankenversicherungen Prostituierte ab.

Darüber hinaus lässt die Frauenministerin derzeit prüfen, ob die Förderung der Prostitution in Zukunft straffrei bleiben kann. Nach Ansicht von Andrea Petsch wäre das der zentrale Punkt eines neuen Gesetzes. „Die Paragrafen im Strafgesetzbuch müssen kippen“, forderte sie. Dort findet sich die Bestimmung, dass sich Zuhälter, die Ort, Zeit und Ausmaß der Prostitution festlegen, strafbar machen. Auch eine Clubbesitzerin, die gute Arbeitsbedingungen schafft, macht sich wegen Förderung der Prostitution bislang strafbar. Damit wolle der Gesetzgeber erreichen, dass keine Frau diesen Job lange ausübe, sagte Petsch.

Unbedingte Voraussetzung ist es für sie daher, dass Prostituierte als Angestellte arbeiten können. Sie hätten dann zu ihren Zuhältern oder Puffmüttern ein normales Arbeitsverhältnis – und wären ebenso geschützt wie alle ArbeitnehmerInnen. In diesem Punkt haben die Prostituierten die Unterstützung der Frauenministerin. „Grundsätzlich wäre es zu begrüßen, wenn Prostituierte Arbeitsverträge schließen könnten“, sagte Bergmann. Eine entsprechende Änderung des Gesetzes dürfe aber nicht dazu führen, dass vor allem die Zuhälter davon profitierten.

Die Grünen-Bundestagsfraktion begrüßte den „Vorstoß zur Entdiskriminierung der Prostitution“. Als „ein verheerendes Signal an junge Frauen“ bezeichnete der Staatssekretär im bayerischen Sozialministerium, Joachim Herrmann (CSU), die Pläne der Frauenministerin. Die Vorschläge zeigten ein „marodes Werteverständnis“.

Nur im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes ist Prostitution bislang als Beruf anerkannt. Nach einem Urteil des Berliner Sozialgerichtes von 1991 wird beim Anspruch auf Umschulung die Prostitution ebenso als Berufstätigkeit anerkannt wie etwa die Tätigkeit von Hausfrauen.

Bergmann will auch dafür sorgen, dass Prostituierte ihr Honorar vor Gericht einklagen können. Das war ihnen bislang verwehrt. Allerdings müssen sie ihre Honorare versteuern – trotz der Sittenwidrigkeit. Jutta Wagemann

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