piwik no script img

Auf ewig böser Bube Hombach

■ Der unbeliebte Balkan-Koordinator ist der eigentlich Verurteilte im Veba-Prozess

Köln (taz) – Der Elefant taumelt. Dabei war Bodo Hombach, Schröders ansonsten skandalresistenter Polit-Dickhäuter, am Donnerstag extra aus Brüssel angereist, um die auf ihn zurollende Schlammlawine aufzuhalten. Um noch einmal zu beteuern, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist – damals 1986. Als er noch Geschäftsführer der NRW-SPD war und sich vom Immobilienkonzern Veba für 1,6 Millionen Mark ein luxuriöses Reihenhaus in Mülheim bauen ließ, das allerdings schnell ein wenig zu luxuriös ausfiel.

Allein bei den Rohbaukosten des Hombach-Domizils, berichtet der ehemalige Veba-Bauleiter Hans Hebers, seien in den Rechnungen 130.000 Mark unterschlagen worden. Man schätzt, dass der frisch gekürte Balkan-Koordinator durch „Wohltaten“ der Veba rund 200.000 Mark eingespart hat. Juristisch belangen kann man Hombach dafür nicht – das Delikt (wenn es eines war) ist verjährt.

Der Nachweis dürfte ohnehin schwer fallen: Die Veba-Akten zu seinem Mülheimer Wohnhaus wurden vernichtet, bevor die Polizei zugreifen konnte. Vielleicht halten sich deshalb die Gerüchte von Machenschaften des Vorzeige-Karrieristen so hartnäckig, der sich als intriganter Strippenzieher im Bundeskanzleramt auch in SPD-Kreisen viele Feinde gemacht gemacht hat.

Hombachs Stern befand sich im Sinken, lange ehe er nach Brüssel abberufen wurde. Umso fieberhafter versuchte der Unbeliebte seit Jahren, den Veba-Ruch illegaler Vergünstigung wieder loszuwerden. Zweimal hat er bereits Gutachten vorgelegt, die ihm attestieren, dass er die Baukosten leistungsgerecht entlohnt habe. Das letzte Zertifikat der internationalen Prüfungs-Gesellschaft C & L präsentierte der Risiko-Minister der Öffentlichkeit erst im März – und kommentierte es triumphierend als einen „Freispruch erster Klasse“. Soviel Selbstvertrauen beeindruckte den Kanzler. Hombach, schnaubte Gerhard Schröder damals in einem Fernsehinterview, sei „ungerecht am Zeuge geflickt worden, wie es ungerechter nicht mehr geht“.

Seit dem gestrigen Urteil des Bochumer Landgerichts allerdings ist klar, dass Herr und Knecht sich zu früh gefreut haben. Auch wenn es gar nicht Hombach war, der auf der Anklagebank saß, so hat der Richterspruch doch vor allem für ihn Konsequenzen. Vordergründig ging es in dem Prozess um einen Meineid, begangen von Hans Hebers, ein 62-jähriger Diplomingenieur, der den Bau der Mülheimer Hombach-Villa einst beaufsichtigt hat. Hebers, sozusagen das kleinste Rädchen im schmutzigen Veba-Getriebe, hatte im letzten Jahr aus Angst um seine berufliche Zukunft rundweg unter Eid bestritten, etwas von den Abrechnungstricks seiner Firma gewusst zu haben. „Diese Angaben waren so nicht richtig“, gab er jetzt kleinlaut zu und erntete zu seinem Glück Mitgefühl bei Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen. Sein Fehlverhalten, plädierte sie, sei „sehr verständlich“.

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Mittrup verurteilte ihn zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Und tatsächlich konnte man sich des Eindrucks nicht erwahren, dass Lichtinghagen eigentlich jemand ganz anderen für schuldig hielt. Lichtinghagen beschwor ganz bewusst das Bild vom kleinen Gauner, den man hängt, während man die großen Fische laufen lässt.

Obwohl sie den Namen „Hombach“ kein einziges Mal erwähnte, werden viele im Zuschauerraum bei ihrer Rede neben den Veba-Bossen an den ehemaligen Bauherrn gedacht haben. Der wird vorerst keine Gelegenheit mehr haben, sich von einem Schuldvorwurf freisprechen zu können. „Das Thema ist juristisch vom Tisch“, bilanzierte Hebers Verteidiger Jörg Messerschmidt vorgestern süffisant. Doch der Skandalschatten der Mülheimer Vergangenheit wird Bodo Hombach bis auf den Balkan verfolgen. Gisa Funck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen