: Wie kriminell und böse war Ignatz Bubis?
■ Michael Wolffsohn, Historiker an der Bundeswehrhochschule in München, fordert eine Untersuchung der Vorwürfe von Meir Mendelssohn, dem Grabschänder von Tel Aviv
Berlin (taz) – War Ignatz Bubis, der verstorbene Präsident des Zentralrats der Juden, ein Dieb und ein Lügner? Für den in Tel Aviv wohnenden Meir Mendelssohn, der während der Trauerfeierlichkeiten vom Sonntag Bubis' Grab geschändet hat, steht die Antwort fest: „Er ist ein schlechter Mensch. Er hat auf dem schwarzen Markt gehandelt. Er hat Geld gestohlen. Er hat illegal gebaut. Da er aber Jude war, konnte man niemals etwas sagen. Er hat sein Judentum zum eigenen Vorteil genutzt.“ Weiter kündigte Mendelssohn an: „Nach Bubis' Tod werden viele Dinge ans Licht kommen.“
Unterstützung erhält Mendelssohn nun von dem Historiker Michael Wolffsohn. In einem Kommentar in der Neuen Revue fordert der Dozent der Bundeswehrhochschule in München eine Untersuchung der Vorwürfe gegen Bubis. Im Wortlaut:
Unmittelbar nach der Beerdigung übergoss ein israelischer „Künstler“ das Grab mit schwarzer Farbe. Bubis sei ein „Krimineller“ gewesen behauptete jener „Künstler“.
Selbst wenn es stimmen sollte: Grabschändung ist eine Schande. Trotzdem muss die Stichhaltigkeit der Vorwürfe geprüft werden. Empörung, so oder so, reicht nicht. Nur Wahrheit und Wahrhaftigkeit zählen.
Bereits Ende Juli übte Wolffsohn heftige Kritik an Bubis' Äußerungen, er habe in seiner siebenjährigen Amtszeit „nichts oder fast nichts bewirkt. Jüdische und nichtjüdische Bundesbürger seien einander fremd geblieben.“ Wolffsohn legte Bubis den Rücktritt nahe und vertrat die Ansicht, die politische Klasse Deutschlands liege Bubis „zu Füßen, manchmal in geradezu grotesker, lächerlicher Weise.“ Und „da jedes seiner Worte vergoldet wurde“, hätten nur wenige gemerkt, wie sprunghaft und widersprüchlich Bubis gewesen sei. Wolffsohn forderte die Bundesbürger noch kürzlich dazu auf, nicht jede Äußerung Bubis' „auf die Goldwaage zu legen.“ Eberhard Seidel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen