Husten-Mittel nicht mehr auf Rezept

■ Arneimittelkosten stiegen in Bremen 1999 um fast 20 Prozent / Krankenkassen wollen Einhaltung des Budgets erzwingen

Im Jahre 1997 haben die gesetzlichen Krankenkassen in Bremen 314 Millionen Mark für Arznei- und Heilmittel ausgegeben, 1998 etwa genauso viel, in diesem Jahr könnten es über 380 Millionen Mark werden, „wenn es so weitergeht wie bisher“, hat der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen vereinigung, Dr. Jürgen Grote, mitgeteilt. Das vom Bundesgesundheitsministerium genehmigte Budget für Bremen beträgt aber nur 355 Millionen Mark, das sind im statistischen Durchschnitt 622 Mark pro Nase. Mit einer Reihe von Sparmaßnahmen wollen die Vertragspartner nun erreichen, dass die prognostizierte Kostensteigerung im Rahmen des Budgets bleibt.

Ob es neue Arzneimittel sind, die die Kostensteigerung ausmachen, oder ob alte Arzneimittel öfter verschrieben wurden, konnte auch Lothar Müller, Geschäftsführer der AOK, nicht sagen. Offenbar haben die Kassen keinen detaillierten Überblick darüber, wofür sie das Geld der Patienten ausgeben. Sie wissen nur soviel: Herzkreislauf-Präparate sind mit 23 Prozent an der Kostensteigerung beteiligt. Auch die Kosten für Medikamente, die bei Verdauungs- und Stoffwechsel-Erkrankungen verschrieben werden, stiegen mit 17 Prozent besonders stark.

Vor allem wollen die Kassen nun Medikamente, für die es preiswertere Alternativen mit gleichen Wirkstoffen gibt („Generike“), nicht mehr finanzieren. Wer die Marken-Artikel dennoch haben will, muß sie wie ein Privatpatient voll in bar bezahlen. Die Preisunterschiede sind erheblich, bei einem Bluthochdruck-Präparat mit dem Wirkstoff Captopril kostet das Ersatzpräparat nur ein Viertel des Originals. Mit den Original-Präparaten bezahlen die Kassen in der Zeit des Patentschutzes die Forschungs- und Entwicklungskosten für neue Medizin, wenn die Patentzeit abgelaufen ist, bleiben die Preise aber meist überhöht.

Obwohl die Kassen nicht genau wissen, wo die Ursache der Kostensteigerungen liegen, rechnen die Ärztevertreter, so Grote, mit einer Ersparnis bei 30 Millionen Mark bis zum Ende des Jahres.

Als ergänzende Maßnahme soll es sog. „Bagatell-Arzneimittel“ gegen Schnupfen, Husten oder gegen „Reisekrankheiten“ nicht mehr auf Rezept geben.

Mit dieser Vereinbarung, die den bundesweit in der vergangenen Woche verabredeten Kompromiss im Streit um die Gesundheits-Kosten nachvollzieht, sind auch für Bremen Drohungen über „Notrezepte“ und eine Warteliste für Medikamente vom Tisch.

Vehemente Kritiker dieser Vereinbarung sind insbesondere die Interessenvertreter der Apotheker. Beim Zwischenhandel und bei den Apotheken bleiben gut 40 Prozent der Arzneimittel-Kosten hängen. Gerd Welge, Vertreter der Apotheker-Kammer, war zu der Pressekonferenz der KV gekommen und verwies darauf, daß auch die Senkung der Selbstbeteiligung ab 1.1.1999 zur Kostensteigerung beigetragen habe. Grundsätzlich könne die Verkürzung der Krankenhaus-Liegezeiten zu einer Erhöhung der Arzneimittel-Kosten führen, was aber letztlich eine Ersparnis im Gesundheitsbereich bedeute. Die Arzneimittel-Kosten machen ca. 15 Prozent der Ausgaben der Krankenkassen für die Gesundheitsversorgung aus.

Der Apotheker-Vertretrer führte als Argument gegen die Kostendämpfung auch an, daß nun möglicherweise preiswerte Import-Medikamente verschrieben werden und dadurch Arbeitsplätze in der deutschen Pharma-Industrie gefährdet sein könnten. Der Ärztevertreter Dr. Grote rechnet dagegen mit einer Preissenkung bei deutschen Herstellern. K.W.