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CDU und SPD streiten über den Haushalt

■ Die Union lehnt einen Senatsbeschluss vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus nicht mehr ab, ist aber gegen Wohnungsverkäufe und die Umsetzung des Eichel-Sparpakets

Zu früh gefreut. Am Montag mochte Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) noch glauben, der Koalitionspartner sei auf ihren Sparkurs eingeschwenkt. Er rechne noch vor den Wahlen mit einem Senatsbeschluss über den Haushalt für das Jahr 2000, hatte CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky da versichert. Schließlich sei der Etat das „in Zahlen gegossene Prioritätenkonzept“ der künftigen Regierungspolitik. Doch in den Verhandlungen über ihre konkreten Etats, die sie derzeit mit Fugmann-Heesing führen, zeigen sich die christdemokratischen Ressortchefs weit weniger konziliant. Ob es bis Dienstag zu einer Einigung kommt, gilt in Senatskreisen als sehr ungewiss.

Um ihren Sanierungskurs fortzusetzen, will die Senatorin die Ausgaben um mehr als 1 Milliarde auf knapp 40 Milliarden Mark kürzen. Obendrein muss Berlin die Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst verkraften und außerdem die Kürzungen des Bundes, die Fugmann-Heesing auf 300 Millionen Mark beziffert. 2,1 Milliarden Mark will die Senatorin durch „Vermögensaktivierungen“ aufbringen, also nicht zuletzt durch den Verkauf von städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Ein Loch von 1,1 Milliarden Mark, so steht es in dem Haushaltsentwurf der Senatorin, wird als „Entscheidungsrest“ in die nächste Legislaturperiode verschoben.

Die Kürzungen, die sich aus dem Sparpaket des Bundes ergeben, will die CDU nach den Worten ihres Generalsekretärs Volker Liepelt nicht mit tragen. In der Koalitionsvereinbarung habe sich die SPD verpflichtet, sich im Bundesrat gegen eine „Verlagerung von Lasten auf Länder und Gemeinden“ zu wenden. Lasse sich das Vorhaben des Bundesfinanzministers nicht mehr aufhalten, lasse sich womöglich „die Rücknahme der Neuverschuldung nicht in dem Maße realisieren, wie es geplant war“. Im Klartext: Dann müsse Berlin zusätzlich Schulden machen. Eine Privatisierung aller städtischen Wohnungsbaugesellschaften werde es „mit der CDU nicht geben“, fügte Liepelt hinzu. „Im Einzelfall“ sei aber eine Privatisierung oder Zusammenlegung „nicht auszuschließen“.

Der SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder sagte, er könne es sich nicht vorstellen, „dass die CDU es wagt, einer höheren Neuverschuldung das Wort zu reden“. Damit stelle sich Liepelt gegen Trends auch in der eigenen Partei: „Das gibt eine interessante innerparteiliche Debatte.“

Nur wenn der Senat den Haushaltsentwurf am Dienstag absegnet, könnte der Etat noch vor der Wahl in erster Lesung vom Abgeordnetenhaus debattiert werden. Liepelt erklärte jedoch, auf eine Parlamentssitzung „just for show“ komme es nicht an. Entscheidend sei, ob der Senat zu einer Einigung komme oder ob es unterschiedliche Auffassungen gebe: „Dann muss man es eben offen lassen.“

Fugmann-Heesing kündigte an, sie werde dem Senat in jedem Fall einen Haushaltsentwurf vorlegen – auch dann, wenn es keine Einigung mit den CDU-Kollegen gebe. Ralph Bollmann

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