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■ Nun auch Schäuble

Im schwarzen Rollkragenpullover, die blauen Augen ahnungsvoll in die Ferne gerichtet, die Hand entschlossen am Rollirad. So präsentiert sich der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble in der neuesten Ausgabe des Magazins Life & Style von Gala. Der Rollstuhl spiegelt sich auf dem blitzblanken Boden, von unten aufgenommen, als sei er ein leichtes Fluggerät und kein Handicap. Die Attentatsnarbe auf der Wange erscheint in neuem Licht: Der Mann ist ein Kämpfer, kein Opfer. Der grobmaschige Rollkragenpullover lässt Schäuble erdverbunden wirken, aber nicht strickjackig wie seinen Vorgänger, Großkanzler Helmut Kohl. Die Maßanzughose, die feinen Schuhe sollen von Stilbewusstsein zeugen. Wolfgang Schäuble hat die Macht des Image-Fotos entdeckt.

Und dabei sich selbst vergessen. Erst wenige Monate ist es her, als Schäuble gegen seinen Kontrahenten Schröder wetterte: Ein „Kanzler Leichtfuß“ sei Schröder, weil er sich in Life & Style hatte ablichten lassen, den schwarzen italienischen Mantel in Napoleon-Pose um die Schulter gezurrt. „Kaschmir-Kanzler“, „Brioni-Kanzler“, so wurde Schröder daraufhin von der CDU bespöttelt. Doch als das gleiche Blatt noch eine sexy Fotostrecke mit dem grünen Umweltminister Jürgen Trittin brachte, schien erneut der Beweis erbracht: Politik ist eine Frage der guten Beleuchtung.

Alle bösenWorte waren daher vergessen, als ein Gala-Reporter Schäuble zufällig bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth traf und in Versuchung führte: Ob der CDU-Chef nicht doch mal selbst auftreten wolle, in einer kleinen Fotostrecke ... Auch Schäuble ist nur ein Mensch. Er sagte zu – was die Macht des Bildes über die Macht der Worte in der Politik quasi doppelt beweist.

BD

Foto: Wolfgang Wilde für „Gala“

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