: taz-LeserInnen-Aktion
■ Wir haben euch unsere Stimme nur geliehen
Nach einem Jahr Rot-Grün fragen wir: Was halten Sie heute von unserer Regierung? Geben Sie Ihre Stimme noch einmal ab. Kurze Antworten an die taz, Stichwort Rot-Grün, Kochstr. 18, 10969 Berlin; Fax: (030) 251 93 16; E-Mail: lesertaz.de
Das schlechte Abschneiden der Grünen und der SPD bei den Landtagswahlen ist in der Tat auch ein Marketingproblem. Die Verpackung ist mies, die Serviceorganisation miserabel, das Produkt erscheint gut, ist aber nicht in der Packung, weil die Produktion eingestellt oder ein Konkurrenzprodukt verpackt wurde. Auch der dümmste Kunde möchte die bestellten Inhalte. Da hilft es nichts, wenn Schröder in der SPD nach Kleinkapitalistenmanier die Belegschaft zusammenstaucht und den Produktionsleiter zum Geschäftsführer macht, oder wenn Fischer bei den Grünen den Service reorganisiert. Wen wundert es, dass das Verkaufspersonal, das noch nicht in den vorzeitigen Ruhestand getreten ist, sich gegenseitig mobbt oder sich offen der Konkurrenz anbietet?
Andreas Koegler, Lorsch
Lasst eure internen Probleme doch endlich bei euch und behelligt damit nicht die Öffentlichkeit! Stopft endlich solchen dummen Frauen wie Röstel und Radcke den Jammermund und unterstützt die Gesundheitsfischerin oder andere Politiker, die verantwortungsbewusst ihre Arbeit tun (und zu denen auch Herr Schröder gehört).
Gertraude Allewelt, Berlin
„Die SPD sollte nicht Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißen, sie sollte heißen Partei des kleineren Übels oder hier können Familien Kaffe kochen oder so“, schreibt Kurt Tucholsky in den Endwanzigerjahren, und heute ist dem wohl auch noch so.
Hinzufügen möchte ich, dass diesmal das Programm – insbesondere das Sparpaket – nach der Hinterlassenschaft der CDU/FDP-Regierung unbedingt notwendig und auch sozial gerecht ist. Helmut Horst Harder, Azenhos do Mar, Portugal
Die Tatsache, dass selbst aus der SPD mehr Kritik zum Schröder-Kurs zu hören ist als von den Grünen, besagt doch wohl alles! Jutta Ditfurth hatte wohl doch Recht mit ihrer Meinung, dass Fischer nie ein wirklicher Grüner war. Als ehemaliges Mitglied dieser Partei bin ich sprachlos, dass die Basis diesem Chamäleon Fischer immer noch folgt, statt sich endlich wieder auf die ursprünglichen Ziele zu besinnen. Für seine Lieblingsrolle als Außenminister braucht Fischer die grüne Partei weiterhin. Ob diese ihn ebenso sehr braucht, ist zumindest fraglich.
Harald Finke, Weyhausen
Kohl sollte weg. Ich wollte hoffen. Wählte Rot-Grün. Nach der Wahl war die Chance auf Veränderung. Unglaublicherweise gab's wirklich wieder 100 Prozent Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Dann siegte der Hessen-Koch mit Rassismus. Dann kam der Krieg. Für Deutschland endlich ein Stück vom Kosovo! Vorbei war's mit dem Bündnis für Arbeit. Stattdessen gibt's „Sparpaket“. Vorbei war‘s mit dem Doppelpass. Stattdessen gibt's 'nen toten Flüchtling unterm Motorradhelm. Vorbei war's mit dem Atomausstieg. Stattdessen gibt's „Yello-Strom“. Heute sage ich: „Helmut, komm zurück! Es ist alles vergeben!“ Oder besser: vergebens.
Michael Dürrwächter, Uetersen
Jetzt hilft meines Erachtens nur noch die Selbstorganisation in Netzwerken und Bürgerinitiativen, wie zum Beispiel in Mülheim-Ruhr geschehen. Dort haben wir zornigen, kritischen Bürger es in zirka fünf Wochen aus dem Nichts geschafft, eine BI (sie heißt Mülheimer Bürger-Initiativen, MBI) mit 5,5 Prozent und Fraktionsstatus ins träge Stadtparlament zu bringen. Gegen Staatsverdrossenheit hilft nicht Nichtwählen und Lamentieren, sondern aktives Eingreifen in das Rad der Geschichte!
Hans-Georg Hötger,
Mülheim / Ruhr
Statt Bussen und Bahnen faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, verteuern „Ökosteuern“ die Fahrpreise. Statt die Bundeswehr zu verkleinern und die Wehrpflicht abzuschaffen, verwickeln uns die Ex-Pazifisten in einen Angriffskrieg. Statt die Atomlkraftwerke endlich abzuschalten, wird deren bislang illegaler Betrieb legalisiert. Statt für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, wird der Vermögensteuersatz abgeschafft und der Spitzensteuersatz gesenkt.
Jetzt weiß ich, warum ich mich nach der Stimmabgabe erbrochen habe.
Daniel Leßmann, Freiburg
Ich bin seit einigen Monaten Parteimitglied der Grünen. Einfach weil ich nicht möchte, dass alles den Bach runtergeht. Es ist natürlich leicht, alles zu kritisieren, aber sicher nicht leicht, alles richtig zu machen. Ich versuche mich jetzt kommunalpotitisch zu betätigen. Die ideale Partei, mit der der Einzelne hundertprozentig zufrieden ist, wird es nie geben.
Rita Starosta, o.O.
Dass es mich mit 33 noch einmal heimsucht, das mit der Politikverdrossenheit, habe ich nicht gedacht. Politikverdrossenheit im Sinne von jetzt erst richtig kapiert zu haben, dass sämtliche Politik bestimmt ist durch Lobby und Marktinteresse. Wählen werde ich weiterhin Grün.
Christian Hügle, Esslingen
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