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Uniklinik startet Projekt gegen Gewalt gegen Frauen

■ Als bundesweit erstes Krankenhaus schult das Klinikum Steglitz seine MitarbeiterInnen im Umgang mit misshandelten Frauen. Für diese sind ÄrztInnen häufig erste Anlaufstelle

Mit einem tiefen Schnitt im Daumen und einer kleinen Wunde am Hals kommt eine junge Frau ins Krankenhaus. Als der Arzt in der Erste-Hilfe-Station fragt, was passiert sei, antwortet sie: „Ich bin beim Kochen ausgerutscht.“ Der Arzt ist skeptisch, doch er sagt nichts. Nachdem er ihre Verletzungen behandelt hat, geht die Frau nach Hause zurück. Dort wartet der Ehemann, der ihr die Verletzungen zugefügt hat: Mehrmals schon hatte er sie mit einem Messer bedroht.

„So etwas darf nicht mehr passieren“, sagt Gisela Gut und meint damit das Verhalten des Arztes. Gut ist Schulungsleiterin bei „Signal“, einem Modellprojekt zur Intervention bei Gewalt gegen Frauen, das jetzt am Uniklinikum Benjamin Franklin (UKBF) in Steglitz durchgeführt wird. Erstmals in der Bundesrepublik werden ÄrztInnen und Pflegekräfte – zunächst aus der Notaufnahme und der Erste-Hilfe-Station – systematisch geschult, damit sie offensiv vorgehen können, wenn ein Verdacht auf Misshandlung besteht.

Angelika May vom Verein Frauenzimmer sagt: „Dieses Projekt ist ein Meilenstein in der Arbeit gegen Gewalt gegen Frauen.“ Ihr Verein hat das Projekt gemeinsam mit dem UKBF und der bündnisgrünen Fraktion im Abgeordnetenhaus initiiert. „Endlich fängt das Gesundheitswesen an, sich diesem Problem zu stellen.“ Bislang spielt Gewalt gegen Frauen keine Rolle in der Ausbildung von MedizinerInnen und Pflegekräften. Dabei ist das Gesundheitswesen oft die erste Anlaufstelle für körperlich und sexuell misshandelte Frauen.

May hält Gewalt für „das größte Gesundheitsrisiko für Frauen überhaupt“. Allein in der Hauptstadt werden jährlich 500 Vergewaltigungen und weitere 4.100 Gewalthandlungen gegen Frauen polizeilich registriert. Nach Expertenschätzungen liegt die Dunkelziffer 10- bis 20-mal so hoch.

Teil des Modellprojekts Signal ist ein Leitfaden, der den MitarbeiterInnen wichtige Handlungsanweisungen geben soll. Hinzu kommen Schulungen der MitarbeiterInnen, eine wissenschaftliche Begleitung und die Vernetzung mit anderen Anti-Gewalt-Projekten.

Gefördert wird Signal vom Arbeiter-Samariter-Bund, der dafür bislang 85.000 Mark aus Spendengeldern bereitgestellt hat. Die wissenschaftliche Begleitung wird vom Bundesfrauenministerium bezahlt, Kosten: 200.000 Mark. Das Ministerium hofft auf Nachahmer in anderen Bundesländern. Sabine am Orde

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