: Karlsruhe hilft bei exzessiver U-Haft
■ Bankmanager muss nach 18-monatiger Untersuchungshaft entlassen werden
Freiburg (taz) – Auch in komplizierten Wirtschaftsverfahren ist die Untersuchungshaft nur zeitlich begrenzt zulässig. Dies stellte in einem gestern veröffentlichten Beschluss das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klar. Es ordnete dabei die Haftentlassung eines seit 18 Monaten inhaftierten Bankmanagers aus Mannheim an.
Der Ex-Banker Fridolin Hörner soll gemeinsam mit drei Kollegen die Sparkasse Mannheim durch riskante Kreditgeschäfte an den Rand des Ruins gebracht haben. Die Sparkasse hat bisher 400 Millionen Mark als Verluste abgeschrieben. Seit März 1998 sitzt Hörner wegen des Verdachts der „Untreue“ in Untersuchungshaft. Die Inhaftierung wird mit Fluchtgefahr begründet.
Schon im Juli diesen Jahres hatte Hörner per Verfassungsbeschwerde versucht, seine Freilassung zu erreichen. Damals hatte Karlsruhe das Begehren aber noch abgelehnt. Das zuständige Oberlandesgericht (OLG) hatte zuvor festgestellt, dass für die Fertigstellung der Anklageschrift nur noch sechs bis acht Wochen erforderlich seien. Tatsächlich überschritt die Staatsanwaltschaft diese Frist um weitere sechs Wochen, was nun zum Erfolg einer zweiten Verfassungsbeschwerde führte.
Nach der Strafprozessordnung kann ein Tatverdächtiger maximal sechs Monate in U-Haft gehalten werden. Längere Haftzeiten sind nur „aus wichtigem Grund“ zulässig. „Kommt es aufgrund vermeidbarer Fehler der Justizorgane zu einer erheblichen Verzögerung“, so nun der Karlsruher Beschluss, kann hiermit eine Verlängerung der U-Haft nicht begründet werden. Auch im Falle des Bank-Managers sah das Verfassungsgericht keine Rechtfertigung, warum die vom OLG gesetzte Frist nicht eingehalten werden konnte, und ordnete die Freilassung des Bankmanagers an.
Das OLG muß nun noch entscheiden, ob Hörner bei einer Freilassung Auflagen erfüllen muss. Seine Familie hatte eine Kaution in Höhe von 400.000 Mark angeboten. (Az.: 2 BvR 1775/99)
Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen