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Serbiens Opposition brüskiert EU

■  Djindjic und Draskovic boykottieren ein Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Begründung: die geforderte Kooperation mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag

Luxemburg/Belgrad (AFP) – Die wichtigsten Vertreter der serbischen Opposition haben gestern ein Treffen mit den EU-Außenministern in Luxemburg boykottiert. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte, offenbar spiele „innenpolitischer Druck eine große Rolle“. Der Vertreter der serbischen Demokratischen Partei, Vladan Batic, begründete in Belgrad die Absage mit Forderungen der EU nach Auslieferung von Kriegsverbrechern, sollte die Opposition die Macht in Jugoslawien übernehmen. Die verlangte Zusammenarbeit mit dem Den Haager Kriegsverbrechertibunal gehöre nicht zu den „Prioritäten“ seiner Partei. Statt der erwarteten 32 Regierungsgegner reisten nur etwa 15 nach Luxemburg.

Fischer bedauerte die Absage der führenden serbischen Oppositionellen, zu denen unter anderem Zoran Djindjic von der Demokratischen Partei und Vuk Draškovic von der Serbischen Erneuerungsbewegung zählen. Die innenpolitische Entwicklung in Jugoslawien befinde sich derzeit in einem „sehr schwierigen Prozess“, sagte Fischer. Er hoffe, dass sich der Druck gegen die Opposition nicht durchsetzen werde.

In einer Erklärung des Ministerrats wird die „volle Zusammenarbeit“ mit dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal zur Voraussetzung für EU-Hilfen für eine demokratische Regierung in Belgrad gemacht. Angesichts der Kritik einiger Oppositioneller daran betonte Fischer, diese Forderung sei Bestandteil aller bisherigen Beschlüsse sowohl der UNO, der Nato als auch der EU. Miloševic und vier seiner engsten Mitarbeiter sind der Beteiligung an Kriegsverbrechen angeklagt.

Batic plädierte dagegen dafür, den Präsidenten in Serbien selbst vor Gericht zu stellen. Wichtiger als ein solches Verfahren seien seiner Partei aber die Demokratisierung Serbiens, die Aufhebung der Sanktionen und der Schutz von Serben und anderen nichtalbanischer Ethnien im Kosovo.

Ungeachtet dieser Probleme beschloss der EU-Ministerrat gestern, zur Unterstützung der serbischen Opposition die Städte Niš und Pirot vom Ölembargo gegen Jugoslawien auszunehmen. Dies erfolgt im Rahmen des Pilotprojekts „Energie für Demokratie“. Die 15 EU-Außenminister unterstützten damit eine Initiative der EU-Kommission. Der Vorschlag war von der serbischen Oppositionsgruppe G-17 erarbeitet worden. Demnach sollen solche Städte mit Heizöl beliefert werden dürfen, die sich offen gegen die Regierung stellen.

Keine Einigung erzielten die Minister über die Aufhebung des Landeverbots für europäische Fluglinien in Jugoslawien. Nach Diplomatenangaben wandten sich Großbritannien, Belgien und die Niederlande gegen einen entsprechenden Beschluss. Die drei Länder befürchten, dass das Belgrader Regime durch die Wiederaufnahme des Flugverkehrs an zusätzliche Devisen gelangt.

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