: Kino und Fitness für tote Gegend
Ein Multiplex soll den unteren Ku'damm aufpeppen. VW, Meridian und Cinemaxx AG planen neues Quartier mit Kinos, Wohnungen und Gewerbe ■ Von Rolf Lautenschläger
Der untere Kurfürstendamm ist zwar doppelt so lang wie die Friedrichstraße, aber auch doppelt so tot. Westlich des Adenauerplatzes häufen sich Autohäuser und Bürobauten mit dem Charme der 50er Jahre. Zum Bummeln, Einkaufen oder Essen verirren sich Touristen und Einheimische nur selten in die Gegend. Es fehlt das Flair, die spezifische Mischung aus Arbeiten, Wohnen und Unterhaltung, die typisch ist für den oberen Ku'damm. Es mangelt an „Kiez“, wie der Berliner sagt.
Das soll sich nun ändern. Mit einem groß angelegten Konzept für ein Multiplex-Kino, einen „Wellness-Bereich“ mit Schwimmbädern, Sport- und Fitness-Centern sowie neuen Wohnblöcken wollen die Investoren Cinemaxx, die Volkswagen AG und die Meridian-Gruppe dem Quartier auf die Beine helfen.
Konkret ist auf der Liegenschaft von VW – zwischen Kurfürstendamm, Karlsruher Straße und Katharinastraße – ein Großkino mit acht Sälen und insgesamt 2.100 Plätzen geplant. Das Entreé für das Multiplex ist am Kurfürstendamm vorgesehen, die Kinos selbst sollen im Hof entstehen. Schließlich sind neben dem Wellness-Center rund 60 Wohnungen geplant. „Wir hatten seit längerer Zeit vor, das Grundstück umzugestalten“, sagte Norbert Prigge, Geschäftsführer von VW-Berlin, gegenüber der taz. Durch die Zusammenarbeit mit „Experten aus dem Kino- und Fitnessbereich“ hätten sich neue Perspektiven für die Entwicklung des früher als Parkplatz und Werkstätten genutzten Areals ergeben. Insgesamt rechnet Norbert Prigge mit einer Investition von 150 Millionen Mark für das Bauvorhaben.
Wann mit der Realisierung des Projekts begonnen werden kann, ist jedoch noch offen. „Dem Bezirk Wilmersdorf ist nicht nur der Wohnanteil zu gering, außerdem müsste der Bebauungsplan geändert werden“, erklärte Prigge. Nutzungen für Sport- und Freizeiteinrichtungen lässt das Baurecht dort nicht zu.
Hinzu kommt, dass der Bau eines Großkinos am Rand der City-West bisher stets auf Ablehnung gestoßen ist: Gerade kippte der Bezirk Charlottenburg einen Steinwurf entfernt vom VW-Areal den Bau eines Multiplex-Kinos. Zu viele kleine Kinos würden dadurch ruiniert, die Wohnnutzung durch den Verkehr massiv gestört, so das Argument der Bauverwaltung.
Während Alexander Straßmeir, CDU-Baustadtrat in Wilmersdorf, sich „wenig begeistert“ von dem Projekt zeigte, steht die SPD-Fraktion dem Bauvorhaben nicht so ängstlich gegenüber. „Ein solches Angebot gibt es in dem Bereich des Kurfürstendamms noch nicht“, betonte Monica Schümer-Strucksberg. Die SPD werde darum prüfen, welche Auswirkungen der Neubau eines Multiplex auf den Verkehr und die Off-Kinokultur in dem Quartier Karlsruher Straße/Katharinastraße haben werde.
„Klar ist schon jetzt“, so Schümer-Strucksberg, „dass der Bereich mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie der U- und S-Bahn gut erschlossen ist.“ Und klar ist für die Baudirektorin auch, dass der Ku'damm „dort etwas braucht“. Dann zögen vielleicht neue Restaurants und Läden mit. „Dann haben wir wieder Belebung“. Ja, dann wäre der Ku'damm dort nicht mehr doppelt so tot.
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