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Nordgrund muss 650.000 Mark zahlen

■ Nölle-Borttscheller-Baufirma räumte indirekt Verantwortung für Konkurs der Baufirma Seeger ein / Hamburger Nordgrund-Immobilie steht immer noch leer / Neuer Strohmann-Geschäftsführer?

Die Baufirma Nordgrund, an der die Gattinnen der früheren Senatoren Borttscheller und Nölle mit Gesellschafter-Einlagen zu je 25 Prozent beteiligt sind, musste gestern vor dem Landgericht einen teuren Kompromiss eingehen: 650.000 Mark, so verpflichtete sich die Nordgrund, müssen an den Konkursverwalter der Baufirma Seeger bezahlt werden.

Die Ottersberger Firma hatte vor zwei Jahren Konkurs anmelden müssen, weil die Nordgrund einen siebenstelligen Teil der Rechnung für den Bau einer Immobilie in Hamburg nicht bezahlte. „Die haben sich mit dem Bau völlig vergalloppiert“, so erklärt der Firmeninhaber Helmut Seeger die Zahlungs-Unwilligkeit der Nordgrund, die angeblichen Baumängel seien dann nur vorgeschoben gewesen. „Borttscheller hat die 120 Arbeitslosen hier in Ottersberg zu verantworten“, sagt Seeger heute bitter, und: „Ich möchte mit diesen Leuten nichts mehr zu tun haben. Die haben mein Lebenswerk zerstört.“ Von dem Geld, das der Konkursverwalter nun bekommen soll, sieht er nichts mehr, andere Ansprüche sind vorrangig.

Allerdings stellt sich die Frage, ob die 650.000 Mark von der Nordgrund wirklich gezahlt werden können. Denn die Nordgrund hat erhebliche Schulden. Dem verblüfften Gericht wurde gestern von dem Anwalt der Nordgrund mitgeteilt, Frau Brigitte Borttscheller sei nicht mehr Geschäftsführerin. Es gebe einen neuen Geschäftsführer, der sei im Gerichtssaal präsent. Frank R. („Bitte nennen Sie meinen Namen nicht“) ist nach eigenen Angaben seit anderthalb Jahren Geschäftsführer, allerdings „ehrenamtlich“, wie er gegenüber der taz versicherte. Von den alten Bauprojekten, um die es auch im Gerichtsverfahren ging, hatte er keinerlei Kenntnisse, auch von laufenden Bauvorhaben nicht, neue seien in seiner Zeit als Geschäftsführer nicht angepackt worden – das Unternehmen sei „im Umbruch“, erklärte er. So sehr allerdings, dass der gute Mann nicht einmal eine Visitenkarte als Geschäftsführer der Baufirma hat und die Telefonnummer seines Firmensitzes in Weinheim auch nicht im Kopf.

Während das Gericht davon ausgeht, dass es in Bremen in der Kurfürstenallee einen „Nebensitz“ des Unternehmens gibt, teilte der amtierende Geschäftsführer Frank R. nämlich gegenüber der taz mit, dieser Geschäftssitz sei längst aufgegeben. Die Nummer gibt es allerdings noch, dort wird man an eine Weinheimer Telefonnummer verwiesen. Unter der Nordgrund-Nummer in Weinheim meldet sich eine freundliche Dame, die mit dem Namen des angeblichen neuen Nordgrund-Geschäftsführers überhaupt nichts anfangen kann.

Die Immobilie in der Fengerstraße 9 in Hamburg war nicht nur teuer, erwies sich auch als schlecht vermietbar. Verschiedene 200-Quadratmeter-Büros in unterschiedlichen Etagen stehen auch heute, zwei Jahre nach Fertigstellung, noch leer. Eines der Probleme: Die Lichtverhältnisse sind wegen zu großer Bautiefe schlecht. „ Herr Nölle hat sich das hier auch mal angesehen“, sagt die nette Dame in Hamburg, und mit überlegt, was man tun könne als interessierter Mieter: „Zwischenwände“ zu ziehen sei eine gute Idee, im dunklen Bereich könnten ja Archiv und Computer stehen.

Die Nordgrund einfach zu liquidieren oder Konkurs anzumelden dürfte schwierig sein, da beide Senatoren auch persönlich und gegenseitig für siebenstellige Kredite bürgen. K.W.

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