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Über 1.000 Betrugsfälle mit EU-Mitteln

Die neue EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer stellt neuen Betrugsbekämpfungsbericht vor: Besonders häufig sind Betrug und Unregelmäßigkeiten bei Steuern und Subventionen  ■ Aus Brüssel Daniela Weingärtner

Die Europäische Union (EU) hat im vergangenen Jahr über eine Milliarde Mark durch Betrug verloren. Dies teilte die neue EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer gestern in Brüssel bei der Vorstellung des EU-Betrugsbekämpfungsberichts für das Haushaltsjahr 1998 mit. Er wurde so spät fertig, weil es Übergangsschwierigkeiten gab: Als Folge des Rücktritts der Santer-Kommission war Ende April eine neue unabhängige Betrugsbekämpfungseinheit (Olaf) mit 120 Mitarbeitern eingerichtet worden. Sie übernahm die Geschäfte der kleineren Vorgängerin Uclaf, die nicht unabhängig arbeiten konnte. Bis nächstes Jahr soll Olaf laut Schreyer weitere 225 Stellen bekommen.

Auch die Behörde ist auf Verdachtsmeldungen aus den Mitgliedstaaten angewiesen. Dort, wo vier Fünftel der EU-Mittel ausgegeben werden, muss geprüft werden, damit Missbrauch bekämpft werden kann. Für 1998 wurden der EU 5.318 Fälle mit Anfangsverdacht gemeldet. In jedem fünften Fall ließ sich der Verdacht erhärten und wurden Gerichtsverfahren eingeleitet.

In ihrem ersten Jahresbericht warnt die neue Behörde vor der Aussagekraft solche Angaben. Die Dunkelquote nicht gemeldeter Verdachtsfällen sei hoch. Staaten, die statistisch als besonders betrugsanfällig dastehen, seien vielleicht nur besonders korrekt bei der Meldung von Verdachtsfällen. Schreyer wies darauf hin, dass erst vier Staaten dem „Übereinkommen über die Wahrung der geldlichen Interessen der Gemeinschaft“ von 1995 beigetreten sind.

In den nächsten Jahren sollen Fortbildungsmaßnahmen in den Mitgliedsländern die Kooperation der Länderbehörden mit der Olaf verbessern. So sollen Strafverfolgungsbeamte und Staatsanwälte in Stuttgart in der Bekämpfung organisierter Kriminalität geschult werden. Die Policia Nacional im spanischen Segovia lernt mit Kollegen aus Frankreich, Italien und Portugal die Kooperation gegen Gemeinschaftsbetrug. Auch die Beitrittsländer sollen eingebunden werden. In Polen wird als größtem der beitrittswilligen Länder begonnen: Eine eigene Dienststelle in der polnischen Verwaltung soll Betrug und organisierte Kriminalität bekämpfen.

Der Betrugsbekämpfungsbericht liefert eindrucksvolle Beispiele für organisierte Verbrechen. Im Januar beschlagnahmten die spanischen Behörden sieben Lastwagen mit einer Ladung von insgesamt 80 Millionen Glimmstengeln, die nach Spanien geschmuggelt werden sollten. Bedienstete der EU-Betrugsbekämpfungseinheit recherchierten in Griechenland, Albanien und den USA. Sie konnten nachweisen, dass die beschlagnahmten Waren von den Vereinigten Staaten nach Griechenland eingeführt und nicht – wie von den Reedern behauptet- in Albanien legal abgeladen wurden. Coups wie dieser sind dafür verantwortlich, dass Betrügereien bei den so genannten Eigenmitteleinnahmen der EU rückläufig sind. Allerdings machen diese nur ein Sechstel des EU-Haushalts aus. Fast die Hälfte der Ausgaben fließt in die Agrarförderung. Und da ist die Kooperation der Betrugsbekämpfungseinheit mit den nationalen Behörden nur eingeschränkt möglich. Die im Bericht aufgeführten Fälle für Agrarbetrug sind nur der oberste Teil eines Eisbergs.

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