: Schwule kritisieren Preis für Mann-O-Meter
■ Keine ungeteilte Freude über Mete-Eksi-Preis 1999 an schwule Beratungsstelle
Preisverleihungen gehen nicht immer ohne Auseinandersetzungen über die Bühne. So auch anlässlich der Vergabe des Mete-Eksi-Preises 1999, den am vergangenen Samstag die Jugenddisco Heizung der Baptistenkirche Wedding und die Informations- und Beratungsstelle für Schwule, Mann-O-Meter, erhielten.
Das „wissenschaftlich-humanitäre komitee“ (whk), das innerhalb der Schwulenbewegung eine Minderheitsposition vertritt, hat schon im Vorfeld Kritik an Mann-O-Meter geübt. Die Begründung: Der 1990 gegründete Verein trage dazu bei, „den latenten Rassismus in der Berliner Schwulenszene zu festigen“. Das whk glaubt, dies an den vom Überfalltelefon dokumentierten Opferberichten festmachen zu können, in denen auch auf die ethnische Herkunft der Täter verwiesen wird. Damit werde nicht die individuelle Tat sanktioniert, sondern der soziale und ethnische Hintergrund des Täters.
Mann-O-Meter setzt sich entschieden gegen den Vorwurf des Rassismus zur Wehr. „Das ist absurd“, sagt der ehrenamtliche Vorstand Thomas Schaaf. Opfer, die die Herkunft von Tätern etwa mit „Türke der zweiten Generation, der perfekt Deutsch spricht“, beschreiben, verwendeten „stereotype Beschreibungsmerkmale wie Narbe über dem Auge oder HipHoper“. Schaaf verweist zudem darauf, dass Mann-O-Meter zunehmend von schwulen Migranten aufgesucht werde, die Opfer von Übergriffen werden. Zudem ermögliche der Täter-Opfer-Ausgleich gelegentlich schwulen Migranten ein „unfreiwilliges Coming-out“.
Während die Statistik des Überfalltelefons keine Zahlen zum Anteil nichtdeutscher Täter enthält, verweist Schaaf auf die Angaben der Opfer und auf die „Ungleichzeitigkeit“ bei Migranten, die zwischen westlicher Freiheit und kulturellen Traditionen aufwachsen. Zudem beklagt er, dass bisherige Versuche, mit Migrantenvereinen ins Gespräch zu kommen, gescheitert sind. „Wir würden uns freuen, wenn sie sich mit uns in Verbindung setzen“, so sein Appell.
Die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU), die dem Kuratorium des Mete-Eksi-Fonds angehört, weist die Kritik des whk als „überspitzt“ zurück. Probleme dürften nicht totgeschwiegen werden. Auch John beklagt den „mühseligen Weg, mit Minderheiten über offiziellen Vereine in Kontakt zu kommen“. Andererseits stellt John klar: „Wir werden nicht hinnehmen, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung herabgesetzt oder verletzt werden.“
Auch Claus Nachtwey vom Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen verteidigt Mann-O-Meter und verweist auf die Bedeutung des kulturellen Hintergrunds von nichtdeutschen Tätern. „Nichtdeutsche Jugendliche sind es als Machos nicht gewohnt, von deutschen Schwulen angesprochen zu werden, auch wenn sie sie provozieren.“ Seine Forderung: „Wir müssen von unten über Sozialarbeit ansetzen.“ B. Bollwahn de Paez Casanova
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