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Heute wird das Kabinett gepanscht

■ CDU und SPD suchen Begleiter für ihr trockenes Themen-Menü. Sie wählen zwischen Strieder-Spumante und Schöttler-Kadarka

Heute geht's ans Köpfen. Die Koalitionäre von CDU und SPD steigen in den Weinkeller hinab und entscheiden, mit welchen edlen Tropfen die BerlinerInnen das trockene Themen-Menü hinunterspülen sollen, das die Unterhändler drei Tage lang angerichtet haben.

Die Christdemokraten werden erneut ihre „Diepgen“-Cuvée auftischen. Der Wein hat seinen Höhepunkt längst überschritten. Kenner sagen, man hätte ihn spätestens vor zehn Jahren austrinken müssen. Auch „Werthebach“ wird wahre Weinfreunde nicht erfreuen. Doch für die Stammtische des Schultheiss-Berliners, heißt es aus der Union, sei das trockene Gewächs mit der tiefschwarzen Farbe genau das Richtige.

Heikel ist die Frage, welcher Wein die Kultur begleiten soll. Längst haben die Feuilletons die Erwartungen hoch geschraubt. Weniger als 99 Parker-Punkte wären eine herbe Enttäuschung. Hinter dem Etikett „Grütters“ verbirgt sich nicht jener herbe Eichenton, den alt gediente Christdemokraten so schätzen. Auch die Bouteille Frankfurter „Friedman“, von öliger Konsistenz, dürfte wohl im Schrank bleiben. Neuerdings wird „Lepenies“ empfohlen, gewachsen auf dem Boden des Wissenschaftskollegs, eines Gutes mit exzellenten Beziehungen zur internationalen Winzerszene. „Zu wissenschaftlich“, höhnen Kritiker: „Schmeckt nach Forschungsanstalt Geisenheim.“

Ansonsten herrscht in den Unionsregalen gähnende Leere. Durch den großen Publikumszuspruch im Oktober sind die Vorräte geräumt, neue Rebstöcke haben die Strategen nicht rechtzeitig gepflanzt. Jetzt werden sie auf Importweine zurückgreifen müssen.

Das Rotweinlager der Sozialdemokraten ist dagegen derart gut bestückt, dass Marktkenner bei anhaltend niedriger Nachfrage weiteren Preisverfall befürchten. Vor allem der spritzige „Strieder“ liegt schwer in den Regalen. „Schöttler“ hingegen darf, wie weiland Rosenthaler Kadarka, aus Rücksicht auf den Osten nicht fehlen. „Böger“ gilt als zuverlässiger Begleiter für alle Zukunftsthemen wie Schule und Wissenschaft. Problematisch ist die Cuvée „Fugmann“. Seit vier Jahren wird sie als verhalten und verschlossen beschrieben, mit einer leicht bitteren Note im Abgang. „Noch nicht trinkreif“, sagen die einen, doch die anderen beteuern: „Sie hat viel Potenzial.“ Ralph Bollmann

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