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„Da kann ja jeder kommen“

Zwangsarbeit in Hamburg während des NS-Regimes ist heute für die GAL-Fraktion Thema – für Hamburgs Firmen offenbar nicht  ■ Von Elke Spanner

Vom „größten Sklavenunternehmen der Menschheit“, wie die Richter der Nürnberger Prozesse den Einsatz von ZwangsarbeiterInnen unter dem NS-Regime bezeichneten, profitierten auch die Stadt Hamburg und hiesige Firmen. Heute jedoch, wo auf Bundesebene die Industriestiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ gegründet wird und ehemalige ZwangsarbeiterInnen entschädigt werden sollen, will kaum jemand zu den damalige Profiteuren gehören. 17 Firmen sind der Stiftung bislang beigetreten – aus Hamburg steht keine auf der Liste.

Heute abend will die GAL-Bürgerschaftsfraktion in einer öffentlichen Anhörung über NS-Zwangsarbeit in Hamburg aufklären. 54 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs stellt sich auch für Hamburg die Frage der Entschädigung neu, weil zum einen die Industriestiftung initiiert wurde, zum anderen die ehemalige Zwangsarbeiterin Stanislawa R. die Stadt verklagt hat. Der Senat lehnte Anfang Oktober einen Vergleichsvorschlag des Arbeitsgerichts ab und bot R. eine Privatspende an. Ein Vergleich hätte das Verfahren bereits beendet. Nun musste sogar der Auftakttermin am 8. Dezember verschoben werden, weil der Senat den Rechtsweg anzweifelte.

Die Unternehmen standen bisher kaum im Blickpunkt. Dabei „gab es damals kaum einen Lebens- und Arbeitsbereich, in dem keine Zwangsarbeiter beschäftigt wurde“, erklärt Manfred Schönbohm vom Amt für Wiedergutmachung. Trotzdem fällt die Senatsantwort auf eine kleine Anfrage der Regenbogengruppe, welche der Betriebe sich zur Entschädigung bereit erklärt hätten, kurz aus: Keiner. Lediglich die HEW haben 1994 in den Fonds der Stiftung „Deutsch-Polnische Aussöhnung eingezahlt“.

Leer gingen bisher vor allem die ZwangsarbeiterInnen aus, die nicht mehr im Bundesgebiet leben. Wer in der BRD seinen Wohnsitz hat, kann zumindest über das Bundesentschädigungsgesetz etwas Geld bekommen, in Hamburg Ansässige über die Hamburger Stiftung „Hilfe für NS-Verfolgte“.

Den übrigen bleibt nur die Hoffnung auf die Einsicht der Unternehmen, und in Hamburg dürfte die vergeblich sein. „Blohm + Voss“ verweist auf Nachfrage an die Muttergesellschaft Thyssen-Krupp in Düsseldorf. Die „Deutsche Shell AG“ erklärt, als niederländisch-britisches Unternehmen „selbst direkt Betroffene des nationalsozialistischen Unrechtsregimes“ gewesen zu sein. „Die Frage ist zu heikel, um sie mal eben zu beantworten“, wehrt eine Sprecherin des „Dräger-Werkes“ ab, und eine Kollegin von „Jastram“ blafft in den Hörer: „Auskunft am Telefon? Da kann ja jeder kommen“. Und legt auf.

„Viele Unternehmen“, so Schönbohm, „fangen jetzt erst an, ihre Historie aufzuarbeiten.“ Andere offenbar nicht einmal heute. Mitarbeiter Burkhardt vom Baunternehmen „Wayss & Freytag“ ist „erst 15 Jahre in der Firma, das ist ein bißchen kurz für das, worum es hier geht“. Dem Angestellten Jakobsen des Bauunternehmens „Prien“ ist von Zwangsarbeitern nichts bekannt, „ich hab zu dem Zeitpunkt noch nicht gelebt“. Auf Rückfrage weiß er immerhin, „dass wir uns an der Entschädigung nicht beteiligen werden“.

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