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Heiß und billig

Das ökologische Pendant zum Mietspiegel ist da: der Heizspiegel. Ein erster Test in sieben Städten wird als „voller Erfolg“ gewertet   ■  Von Bernward Janzing

Berlin (taz) – Wenn die Wohnungmiete zu hoch ist, ist der Gang vors Gericht möglich: Mietwucher, ermittelt anhand eines Mietspiegels, ist strafbar. Und wenn die Nebenkosten zu hoch sind, weil die Wohnung nicht ausreichend wärmeisoliert ist? Dann kann künftig ein kommunaler Heizspiegel helfen. Einen solchen haben der Deutsche Mieterbund (DMB) und das Umweltbundesamt (UBA) in sieben Städten getestet – mit „vollem Erfolg“, wie UBA-Präsident Andreas Troge gestern in Berlin sagte.

Anhand dieser Heizspiegel, in denen die jeweils ortsüblichen Energieverbräuche für Wohnhäuser aufgeschlüsselt sind, können Mieter vergleichen, ob ihre Wohnung zu viel Wärme verpulvert. Ist das der Fall, kann der Mieter bei seinem Vermieter die Sanierung anmahnen. Bislang ist der Heizspiegel im Unterschied zum Mietspiegel zwar rechtlich unverbindlich. Doch das kann sich ändern, wenn die Vermieter sich in Zukunft wenig kooperativ zeigen sollten.

Für 18.000 Mark könne sich jede Kommune einen Heizspiegel erstellen lassen, sagte Franz-Georg Rips, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, gestern. Rips hofft, dass sich die Heizspiegel bald ebenso flächendeckend durchsetzen werden, wie es heute bei den Mietspiegeln der Fall ist. Die ersten sieben Heizspiegel wurden in Kiel, Hamburg, Dortmund, Wiesbaden, Esslingen, Dresden und Naumburg erstellt.

Die Ergebnisse zeigen, wie dringend in vielen Altbauten die Wärmesanierung ist. „Im Durchschnitt wird in Deutschlands Haushalten doppelt so viel Energie für Heizung und Warmwasser verbraucht, wie nach dem heutigen Standard nötig wäre“, sagte UBA-Präsident Troge. Jedes zehnte Gebäude brauche gar dreimal so viel wie erforderlich. Bringe man den Gebäudebestand auf Vordermann, ließe sich der gesamte Kohlendioxidausstoß Deutschlands um zehn Prozent senken, rechnete Troge vor. Das schwerwiegendste Hemmnis bislang: ein Informationsdefizit – und genau dieses soll der Heizspiegel beheben. „Damit schaffen wir Transparenz bei den Mietnebenkosten“, sagte DMB-Direktor Rips.

Dass sich bei der Altbausanierung ökologische Erfordernisse und ökonomische Vorteile ideal vereinen, macht sie besonders attraktiv. Bisher fließt infolge schlechter Wärmedämmung unnötig viel Geld für den Import fossiler Energien außer Landes. Durch die Sanierung hingegen sollen künftig Arbeitsplätze im örtlichen Handwerk gesichert werden. Unterstützt wird das Bestreben des Umweltbundesamtes durch die Energiesparverordnung, die im kommenden Jahr von der Bundesregierung verabschiedet werden soll. Erstmals wird sie auch für Altbauten Wärmeschutz vorschreiben.

Zeitgleich mit dem Heizspiegel-Projekt des UBA haben gestern die Umweltorganisation Greenpeace und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) eine Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie vorgestellt. Das Gutachten untermauert die Position des UBA mit weiteren Fakten: In Baubranche und Handwerk ließen sich in Deutschland durch konsequente Wärmedämmung mehr als 400.000 Dauerarbeitsplätze schaffen.

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