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Weiter Trubel um Baukonzern

Bei Philipp Holzmann werden wohl mehr entlassen als erwartet. Und der Lohnverzicht muss in ein Darlehen umgewandelt werden  ■   Aus Frankfurt am Main Klaus-Peter Klingelschmitt

Den „sanften Sanierer“ Heinrich Binder hat der Aufsichtsrat der Philipp Holzmann AG am Donnerstagabend geschasst. Im Gegenzug wurde Konrad Hinrichs, der Bauexperte und laut Insidern der Branche „gnadenlose Hund“, auf den Schild des Vorstandsvorsitzenden gehoben. Zu wenig konsequent sei Binder vorgegangen, als es galt, den Konzern finanziell und strukturell zu sanieren, urteilte der Aufsichtsrat, der selbst seit 1997 alle Aktivitäten der Vorstandsmitglieder um Binder absegnete.

Binder, ein Weichei? Zu wenig hart sei er tatsächlich auch gewesen, hieß es aus Aufsichtsratskreisen. Zu wenig hart gegen sich selbst und gegen die Mitarbeiter, vor allem jenen aus dem mittleren und „gehobenen“ Management, die jahrelang Misswirtschaft betrieben hätten. Jetzt also Hinrichs, der „harte Sanierer“. Und schon fordern die Banken – noch inoffiziell – von den „Holzmännern“ noch größere Opfer. Aus den 3.000 Mitarbeitern, die nach dem von den Banken akzeptierten Sanierungskonzept entlassen werden müssten, könnten auch 5.000 werden, wird gemunkelt. Bevor Hinrichs 1996 in Pension ging, hatte er Züblin (Stuttgart) saniert und dabei die Belegschaft halbiert. Der Aufsichtsrat dort, jedenfalls die Vertreter der Kapitalgeber, war begeistert.

Trotz dieser eher düsteren Perspektiven „begeistert“ von Hinrichs' Auftritt am Donnerstag vor dem Aufsichtsrat war gestern auch der Betriebsratsvorsitzende von Holzmann, Jürgen Mahneke. Hinrichs sei „der Richtige“ für diesen schweren Job, sagte Mahneke; ein Experte, der als Bauingenieur sein Handwerk verstehe und die Branche in- und auswenig kenne. Hinrichs also rein, auch mit dem Segen des Betriebsrats.

Und wer muss außer Binder und dem bereits zurückgetretenen Finanzvorstand noch seinen Hut nehmen aus der Vorstandsriege von Holzmann? „Einer vielleicht noch“, konstatierte Mahneke. Einen Namen wolle er allerdings nicht nennen. Und aus dem Aufsichtsrat? „Wohl keiner.“

Ein anderes Problem haben Mahneke und die IG Bau in der Nacht zum Freitag offenbar aus der Welt geschafft. Kein Lohnverzicht in Höhe von sechs Prozent mehr; und keine vier unbezahlten Überstunden pro Woche und Holzmann-Mitarbeiter. Die 245 Millionen Mark, die von den Beschäftigten als „Sanierungsbeitrag“ aufgebracht werden müssen, sollen jetzt als Kredit fließen: von den Arbeitnehmern zum Arbeitgeber. Damit ist der Vorwurf von Seiten der IG Bau, die Holzmänner würden den Flächentarifvertrag unterlaufen und der Gewerkschaft in den Rücken fallen, jedenfalls für Mahneke vom Tisch. Auch die IG Bau war zufrieden.

Ob auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) jetzt Ruhe gibt, blieb offen. In der gestrigen Bild-Zeitung hatte ZDB-Präsident Fritz Eichbauer noch gefordert, Holzmann von der Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen, wenn der Konzern demnächst tatsächlich per Betriebsvereinbarung mit Lohndumping das Tarifrecht aushöhle. In verschiedenen Bundesländern existieren entsprechende Erlasse, mit denen Unternehmen davon abgehalten werden sollen, mit ihren Beschäftigten Hausvereinbarungen unterhalb des Flächentarifvertrags abzuschließen.

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