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Beiratsdemokratie spaltet die CDU

■ Über die Wiederbesetzung vakanter Ortsamtsleiter-Posten wird heute in der Bürgerschaft abgestimmt / SPD, Grüne und Teile der CDU dafür, Innensenator Schulte weiterhin dagegen

Innensenator Bernt Schulte ist „bürgerfremd und bürgerfeindlich“, seine Entscheidung, die beiden Ende Dezember frei werdenden Stellen der Ortsamtsleiter im Bremer Westen und in Horn-Lehe vorerst nicht wiederzubesetzen „einfach nur noch Unfug“. So etwas sei „kein Beitrag zu Sparen, sondern Beleg von Hilflosigkeit“. Nein, hier spricht nicht die Opposition, dies sind die Worte, die Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) in einem Interview des „Weser-Report“ am Sonntag über den CDU-Innensenator wählte.

Das kann ich auch, dachte sich gestern der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff und warf Weber eine „einmalige Entgleisung“ vor. Dessen Wortwahl erinnere ihn „eher an den Landesvorsitzenden der Jusos als an den Präsidenten der Bürgerschaft“, meinte Eckhoff. Weber sollte lieber sofort mit dem Steinewerfen aufhören, schließlich sitze er selber im Glashaus. Eckhoff: „Bevor Herr Weber sich weiter zu Themen äußert, die ihn nichts angehen, sollte er lieber aufpassen, dass er seine Verpflichtungen einhält und die Termine abarbeitet, bei denen er auch zugesagt hat. Pflicht geht vor Kür, und schon dabei versagt Herr Weber häufiger.“

Soviel zu den wortgewaltigen Umgangsformen der Großkoalitionäre. Und worum geht es in der Sache? Schwerer Unmut hat sich über Innensenator Bernt Schulte zusammengebraut, weil er die beiden Ende Dezember freiwerdenden Posten der Ortsamtsleiter im Bremer Westen und in Horn-Lehe nicht zur Neubesetzung ausschreiben will. Ihm geht es um Einsparungen. Dass den betroffenen Beiräten damit das demokratische Recht entzogen wird, denjenigen zu wählen, der ihre Beschlüsse im Ortsamt umsetzen soll, wies er von der Hand. Stadtteilbürgermeister hätten „quasi eine Nebenrolle“ erklärte Schulte am Samstag im Weser-Kurier-Interview. Gestern hatte er dem „nichts hinzuzufügen“. Und zur Kritik von Bürgerschaftspräsident Weber erklärte er lediglich: „Das Thema gehört nicht zu seinen Angelegenheiten.“

Mag schon sein. In der Sache hat Weber, der von 1978 bis 1990 selber Beirat in Hemelingen und von 1983 bis 1990 Sprecher des Gesamtbeirats war, aber den Nerv sehr vieler Bremer KommunalpolitikerInnen getroffen. Und die gehören keineswegs alle der SPD an. „Die Stelle des Ortsamtsleiters muss auf jeden Fall schnell wieder besetzt werden“, sagt zum Beispiel Torsten Vagts, Sprecher der CDU-Fraktion im Beirat Gröpelingen.

Und Rolf Herderhorst, als Innenpolitiker in der CDU-Bürgerschafts-fraktion für Beiratsangelegenheiten zuständig, saß gestern Nachmittag mit seiner SPD-Kollegin Renate Möbius zusammen, um einen gemeinsamen Antrag beider Fraktionen für die heutige Sitzung der Stadtbürgerschaft zu formulieren. Das war nötig geworden, nachdem die Grünen einen Dringlichkeitsantrag für die Wiederbesetzung der vakanten Ortsamtsleiter-Stellen eingereicht hatten.

Die Abgeordneten Möbius (SPD) und Herderhorst (CDU) waren sich schnell einig, dass auch sie die „unverzügliche Ausschreibung“ für die Stadtteil-Bürgermeister in Horn-Lehe und im Westen verlangen wollen. Doch am späten Nachmittag fand sich in der CDU-Fraktion keine Mehrheit für diesen Passus. Bei Redaktionsschluss waren sich die Fraktionsvorstände von SPD und CDU noch nicht einig, mit welcher Formulierung sie heute in die Stadtbürgerschaft gehen wollen. Klar war nur: dem Antrag der Grünen wird nicht zugestimmt. Ase

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