: Lebenslange Haft für Weinrich gefordert
Staatsanwalt plädiert im Prozess um Anschlag auf Berliner Maison de France
Berlin (rtr) – Im Prozess um den Bombenanschlag auf das Berliner Kulturzentrum Maison de France 1983 hat die Staatsanwaltschaft gestern eine lebenslange Haftstrafe gegen den mutmaßlichen Terroristen Johannes Weinrich verlangt. In einem an „Größenwahnsinn grenzenden Privatkrieg“ habe Weinrich den Terroranschlag geplant und organisiert, sagte Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis nach fast vierjähriger Prozessdauer vor dem Berliner Landgericht. Der 52-jährige Angeklagte sei des Mordes und des mehrfachen Mordversuchs schuldig zu sprechen. Bei dem Anschlag waren ein junger Mann getötet und 23 Menschen zum Teil schwer verletzt worden.
Der Ankläger beantragte außerdem, bei Weinrich eine besondere Schwere der Schuld festzustellen. Damit hätte Weinrich keine Aussicht auf Haftentlassung nach 15 Jahren. Gegen den wegen Beihilfe zum Mord angeklagten ehemaligen syrischen Diplomaten Nabil Shritah verlangte Mehlis eine zweijährige Bewährungsstrafe. Der 49-Jährige hatte gestanden, Weinrich etwa 24 Kilogramm Sprengstoff ausgehändigt zu haben. Das explosive Material war Weinrich laut Anklage in den 80er-Jahren zunächst bei einer Einreise in die DDR abgenommen worden und lagerte mehr als ein Jahr bei der Stasi, anschließend in der syrischen Botschaft in Ostberlin.
Weinrich, der die rechte Hand des in Frankreich zu lebenslanger Haft verurteilten Terroristen „Carlos“ gewesen sein soll, hatte im Prozess geschwiegen. Hintergrund des Berliner Anschlags war aus Sicht der Anklage der Versuch der „Carlos“-Gruppe, zwei damalige Mitglieder aus französischer Haft freizupressen.
Auf Grund des Geständnisses des Syrers, den Aussagen ehemaliger Stasi-Mitarbeiter sowie Aufzeichnungen von Weinrich und „Carlos“ sieht der Ankläger keine Zweifel an der Täterschaft von Weinrich. Die Verteidigung soll nach bisherigen Planungen des Gerichts morgen mit ihrem Plädoyer beginnen. Mit einem Urteilsspruch rechnen Prozessbeteiligte für Anfang nächsten Jahres.
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