: Gesundheitskasse – kranke Kasse
■ Auch nach Krisensitzung bei Diepgen ist die Rettung der Berliner AOK nicht in Sicht. Der Senat prüft nun Beschleunigung der Klinik-Umstrukturierung. Grüne: Das reicht nicht
Eine Rettung der hoch verschuldeten Berliner AOK ist nicht in Sicht. Ein Krisengespräch zwischen Mitgliedern des Senats und Vertretern der AOK beim Regierenden Bürgermeister endete am Montagabend ohne konkrete Ergebnisse.
Die zuständigen Senatsverwaltungen wollen nun prüfen, welche Maßnahmen zum geplanten Betten- und Personalabbau in den Krankenhäusern vorgezogen werden können. So sollen die Ausgaben der Kasse reduziert werden. Zu einzelnen Kliniken äußerte sich Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) gestern nicht. Wissenschaftssenatorin Christa Thoben (CDU), die ebenfalls an dem Krisengespräch teilgenommen hatte, sicherte zu, dass die Uni-Kliniken ihren ausstehenden Beitrag von 58,8 Millionen erbringen werden. Am 15. Januar soll es ein neues Gepräch beim Regierenden Bürgermeister geben.
Ob sich der AOK-Bundesverband mit diesen vagen Ergebnissen zufrieden geben wird, ist offen. Er entscheidet heute darüber, ob er dem Berliner Landesverband auch im kommenden Jahr mit 300 Millionen Mark unter die Arme greifen wird. Ohne diese Unterstützung wäre die Berliner AOK zahlungsunfähig. Gesundheitssenatorin Schöttler, die die Aufsicht über die Kasse hat, müsste die AOK dann schließen.
Im AOK-Bundesverband mehren sich die Stimmen gegen die Zahlungen. Denn der Senat hinkt mit vertraglich zugesicherten Strukturveränderungen bei den Kliniken hinterher. Nach Angaben der AOK wurden 1998 und 1999 500 Millionen Mark weniger gespart als festgelegt. Dennoch gab sich der Sprecher AOK-Bundesverbandes, Udo Barske, optimistisch. „Ich bin zuversichtlich“, so seine einzige Stellungnahme. Offen bleibt, wie das akute Haushaltsloch der hiesigen AOK gestopft werden soll. Im Entwurf für den Etat 2000 fehlen bereits 200 Millionen Mark, obwohl die Zahlungen des Bundesverbandes eingerechnet sind. „Mit einem solchen Defizit ist der Haushalt nicht genehmigungsfähig“, sagte Schöttler. Im Klartext heißt das: Für die Berliner AOK wird das neue Millennium statt mit einem gesicherten Haushalt mit einer vorläufigen Haushaltsbürgschaft des Senats beginnen. Eine Erhöhung des derzeit bereits bei 14,9 Prozent liegenden Beitragssatzes schloss Schöttler aus. Wie sie dies verhindern will, blieb unklar.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Bernd Köppl, reagierte bestürzt auf die Verhandlungsergebnisse. „Damit ist die AOK gefährdeter als vor dem Gespräch.“ Was die Senatorinnen vorgestellt hätten, sei „Larifari“. Mit der beschleunigten Umsetzung des Klinkplans sei das Haushaltsloch der AOK nicht zu stopfen. Klinikschließungen zum Beispiel würden Jahre dauern. Sein Vorschlag: Das Land soll die Kosten für den Personalüberhang übernehmen, der durch den Bettenabbau entsteht. Köppl: „Der Senat ist drauf und dran, die AOK vor die Wand zu fahren.“
Sabine am Orde
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