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Im Fall Weimar bleibt nur ein Glaubensurteil

Drei Tage vor Weihnachten soll im dritten Prozess gegen Monika Böttcher das Urteil gesprochen werden – ohne dass neue Fakten ans Licht gekommen wären. Verteidiger plädieren auf Freispruch

Frankfurt/Main (taz) – Gestern war der vorvorletzte Tag in der langen, langen Verhandlungsgeschichte der Monika Böttcher, ehemals Weimar. Im nunmehr dritten Prozess um die Ermordung der Kinder Melanie und Karola vor 13 Jahren haben die Verteidiger mit ihrem Plädoyer begonnen, an dessen Ende sie am morgigen Donnerstag Freispruch für ihre Mandantin fordern wollen. Zuvor waren Monika Böttchers Verteidiger mit dem Versuch gescheitert, einen erneuten Eintritt in die Beweisaufnahme zu erzwingen.

Bereits vergangene Woche hatte die Staatsanwaltschaft „lebenslänglich“ für die 41-jährige Monika Böttcher gefordert. Sie zeigte sich in ihrem Plädoyer überzeugt, dass Böttcher ihre Töchter „heimtückisch“ getötet habe. Über schuldig oder nicht schuldig will das Landgericht Frankfurt am Main drei Tage vor Weihnachten, also am 21. Dezember, sein Urteil sprechen – nach einem Schlusswort der Angeklagten.

Monika Böttcher war 1988 vom Landgericht Fulda zu einer lebenslangen Haft, 1995 vom Landgericht Gießen freigesprochen worden. Die jetzt zu Ende gehende dritte Verhandlung war durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes nötig geworden, nach der der Gießener Freispruch auf juristisch tönernen Füßen stand. Die Aussagen der wichtigsten Belastungszeugen waren in diesem Urteil zwar als „glaubwürdig“ eingeschätzt, trotzdem aber nicht gewertet worden. Dass sei unlogisch, sagten die Bundesrichter und verlangten damals einen dritten Prozess.

In ihrem Plädoyer warfen Böttchers Verteidiger, die Hamburger Anwälte Gerhard Strate und Uwe Maeffert, der Staatsanwaltschaft vor, falsche Behauptungen aus dem Fuldaer Verfahren übernommen zu haben. Die Indizienkette der Ankläger sei eine „lebensfremde Konstruktion“, so Strate. Die Fehler seien „zum Teil gravierender Art, vielleicht zum Teil erklärlich durch Nachlässigkeit“. Das eigene Versehen münze die Staatsanwaltschaft jedoch „in einen Glaubwürdigkeitsverlust der Angeklagten um“.

Ebenso hätten die Ermittler in jenen ersten Tagen Spuren nicht weiter verfolgt, die Monika Böttcher entlastet und ihren Mann Reinhard Weimar belastet hätten. Das Kinderzimmer sei offenbar nie als Tatort begriffen worden, monierte Strate. Er bezeichnete es als „ungewöhnlich“, dass Reinhard Weimar in der betreffenden Nacht zwölf Stunden geschlafen haben und nicht das Schreien der Tochter Karola gehört haben will, von dem Zeugen aus einer Nachbarwohnung berichtet hatten. Vielmehr lasse das laute Weinen auf eine ungewöhnliche Angstsituation schließen – der Vater aber war zu der Zeit allein mit den beiden Mädchen in der Wohnung.

Die inzwischen geschiedenen Eheleute Monika und Reinhard Weimar hatten sich gegenseitig des Mordes an ihren damals fünf und sieben Jahre alten Töchtern beschuldigt. Sollte Vater Weimar die Kinder getötet haben, müsste es nachts geschehen sein. War es Mutter Weimar, kommt als Tatzeit nur der Tag in Frage. An Tag- oder Nachtversion scheiden sich seit Beginn die Geister – auch im Zuschauerraum. Als Monika Weimar 1988 verurteilt wurde, klatschten viele im Gerichtssaal. Als sie später freigesprochen wurde, weinten viele vor Glück.

Dieses Mal ist die Stimmung gespalten: Die Fragezeichen, die diesen Prozess von Anfang an begleiten, sind nicht weniger geworden.

Das Frankfurter Verfahren förderte keine neuen Fakten zutage. Die drei Berufs- und zwei Laienrichter müssen nun entscheiden, ob sie den Zeugen Glauben schenken, die die beiden Kinder am Vormittag des 4. August 1986 noch lebend gesehen haben wollen (Tagversion) oder ob nicht ihre Zweifel überwiegen. Wie auch immer: Es wird ein Glaubensurteil geben.

pim

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