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Cannabis als Medizin

Sechs Patienten klagen vor dem Verfassungsgericht gegen das Hanfverbot

Berlin (taz) – Das Medikament, das sechs Schwerkranke dringend benötigen, verweigern ihnen die Ärzte. Mit einer Klage vorm Bundesverfassungsgericht wollen sie nun erreichen, dass Cannabis im Betäubungsmittelgesetz umgestuft wird. Erst dann könnten sie Hanf unter ärztlicher Kontrolle – und ganz legal – gegen Schmerzen, Epilepsie oder Bewegungsstörungen einnehmen.

Obwohl zwei Firmen aus Freiburg und Osnabrück den Cannabis-Bestandteil Marinol seit einem Jahr nach Deutschland importieren, müssen sich viele Patienten den Stoff illegal beschaffen. „Die AOK zahlt nur bei Indikationen, für die Marinol offiziell zugelassen ist. Das sind starkes Erbrechen bei Krebstherapien und hoher Gewichtsverlust bei Aidskranken“, sagt AOK-Sprecherin Barbara Marnach.

Die sechs Kläger verbinden ihre Verfassungsbeschwerden mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung. Karlsruhe soll ihnen den Hanfgebrauch schon vor einem endgültigen Entscheidung erlauben.

Allein, schon die Zulässigkeit der Klage ist fraglich. Gegen Gesetze kann eine Verfassungsbeschwerde nämlich nur binnen eines Jahres nach Verkündung eingelegt werden. Da das Cannabis-Verbot aber schon seit Jahrzehnten gilt, haben die Kläger schlechte Karten. Sie müssten erst gegen das Gesetz verstoßen, sich verurteilen lassen und könnten dann eine Beschwerde einlegen.

Ihre Bremer Verteidiger Lorenz Böllinger und Robert Wenzel wollen deshalb, dass die Jahresfrist hier nicht angewandt oder gar für verfassungswidrig erklärt wird. Dann könnten die sechs direkt gegen das Verbot klagen.

Naheliegender wäre es allerdings, bereits laufende Prozesse gegen Schmerzpatienten nach Karlsruhe zu tragen, statt gleich die Spielregeln des Verfassungsgerichtsgesetzes in Frage zu stellen. C. Rath/N. Maschler

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