: Wo kernig Kompetenzen brummen
Hamburgs Jahreswirtschaftsbericht 1999 steckt voller Erfolgsmeldungen und rosiger Aussichten für die nächsten Jahre ■ Von Sven-Michael Veit
„Dieses Jahr“, sagt Thomas Mirow, „war für Hamburg ein durchaus erfolgreiches.“ Gesamtökonomisch gesehen, denn dafür ist der SPD-Wirtschaftssenator schließlich zuständig. Und es soll noch besser kommen: Die Stadt, behauptet Mirow frohgemut, „verfügt über die besten wirtschaftlichen Perspektiven seit Jahrzehnten“.
Gestern stellte Mirow im Rathaus den Jahreswirtschaftsbericht 1999 vor, der auf 146 Seiten voller Texten, Tabellen und Grafiken eine Erfolgsmeldung an die andere reiht. Die Faktensammlung lasse nur einen Schluss zu: Hamburg sei „für die wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft gut gerüs-tet“, man könne „an der Schwelle zum dritten Jahrtausend zuversichtlich in die Zukunft blicken“.
Zum Beispiel die Arbeitslosen, von denen es immer weniger gebe. Im Lauf des Jahres ist ihre Zahl von über 90.000 auf durchschnittlich 84.000 gesunken, und im kommenden Jahr rechnet Mirow mit einer weiteren Reduzierung „auf rund 77.000“. Denn Hamburgs Wirtschaft befinde sich „mitten in einem konjunkturellen Aufschwung“, die Stimmungslage in den Unternehmen sei „überwiegend optimistisch“. Für 2000 erwartet der Senator ein Wirtschaftswachstum für Hamburg von 2,5 Prozent nach rund 1,5 Prozent in diesem Jahr.
Zu den Erfolgen rechnet Mirow, wie nicht anders zu erwarten, die Realisierung oder Weiterverfolgung von Großprojekten wie der Elbvertiefung, der Hafenerweiterung in Altenwerder, neue Liegeplätze innerhalb des Hafens sowie den Masterplan HafenCity. Die „Lebensader der Stadt“ pulsiere, so Mirow zufrieden, denn 1999 werde ein neuer Umschlagrekord von mehr als 80 Millionen Tonnen erzielt werden: „Der Hafen brummt.“
Optimistisch ist er weiterhin bei der Bewerbung um den Riesen-Airbus A3XX. Zudem sei Hamburg zum führenden Standort für Neue Medien in Deutschland geworden, eine Branche mit „erfreulich hohem Bedarf“ an hochqualifiziertem und kreativen Personal.
Im Jahr 2000 will Mirow vor allem Hamburgs „Kernkompetenzen“ Außenhandel und Logistik stärken. Die Position als bedeutendster Außenhandelsplatz in Deutschland mit einem Anteil von rund neun Prozent aller Exporte müsse noch ausgebaut werden. Dazu soll unter anderem ein elektronisches Netzwerk ein „virtuelles Haus der Außenwirtschaft“ bauen helfen, das Kompetenzen verschiedener Institutionen verknüpft und Serviceangebote der Betriebe im Internet präsentieren soll. Große Wachstumspotenziale sieht Mirow auf dem stark anwachsenden Transport- und Logistikmarkt vor allem im Ostseeraum, der mit einem geschätzten Umsatz von rund 800 Milliarden Mark bereits die europäische Autoindustrie übertreffe.
In diesem Punkt deutete Mirow Distanz zu seinem Senats- und Parteifreund Eugen Wagner an. Dessen im Dezember vorgelegter und von der Wirtschaft als „autofeindlich“ kritisierter Verkehrsentwicklungsplan weise „erkennbar Diskussionsbedarf“ auf. In dieser Form werde der Plan vom Senat sicher nicht verabschiedet werden.
Auch hier ist Mirow optimis-tisch. Er gehe davon aus, dass bei den künftigen Beratungen und öffentlichen Anhörungen über den Entwurf auch bei Verkehrssenator Wagner die erforderlichen „Einsichten und Erkenntnisse“ nicht ausbleiben werden.
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