: Holzmann steuert auf Sanierungskurs
Aktionäre üben nur zurückhaltende Kritik. Auch Gevaert beteiligt sich an Maßnahmen. Aufsichtsratschef bleibt weiter im Amt
Frankfurt/Main (rtr) – Es mangelte nicht an Kritik auf der außerordentlichen Hauptversammlung des verschuldeten Baukonzerns Philipp Holzmann. Klares Missmanagement habe das Unternehmen im November an den Rand der Pleite gebracht. Dennoch verlief die Veranstaltung gestern relativ gesittet. Keine Zwischenrufe, keine Pfiffe – lediglich beifälliges Klatschen, als zum Beispiel der Rücktritt von Aufsichtsratschef Carl vom Boehm-Bezing gefordert wurde. „Ich bin richtig enttäuscht“, sagte ein Teilnehmer, der mehr Spektakel erwartet hatte.
Auf der Versammlung sollten die Aktionäre über ihren Beitrag zum Holzmann-Sanierungspaket abstimmen: einen Kapitalschnitt von 1 zu 26 und eine anschließende Kapitalerhöhung von 3 zu 4. Für die Erhöhung garantiert das Bankenkonsortium die Ausgabe von 7,6 Millionen Stückaktien im Gesamtwert von 1,265 Milliarden Mark. Das wäre der Beitrag der Aktionäre – oder möglicherweise nur der Banken darunter – zum Sanierungspaket, zu dem weitere 2,4 Milliarden Mark Forderungsrückstellungen und Kredite der Banken, Einbußen der Beschäftigten und Bundesbeihilfen gehören.
Er sei ganz schön wütend, sagte ein Aktionär, der als Bauingenieur selbst Einblick in die Branche hat. „Wenn die Informationspolitik besser gewesen wäre, hätten die Kleinaktionäre ihre Holzmann-Aktien zu einem Zeitpunkt verkaufen können, als es noch nicht ihr Ruin war“, sagte er. Karl Wagner, der zehn Holzmann-Aktien hält, ergänzte: „Ich werde meine zehn Aktien halten, es ist zu spät, sie zu verkaufen“.
Die Kritik der Aktionäre verteilte sich auf Vorstand, Aufsichtsrat und die Wirtschaftprüfungsgesellschaft KPMG, die die versteckten Verluste offenbar nicht entdeckt hat. Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz warf dem Management mangelnde Sorgfalt vor. Auch könne man dort nicht ahnungslos gewesen sein. Er forderte Aufseher Boehm-Bezing auf zurückzutreten, sonst werde er bei der nächsten Hauptversammlung im Februar einen Antrag auf Abberufung stellen. „Es geht doch nicht an, dass Kleinaktionäre und Mitarbeiter die Zeche für Missmanagement zahlen und die Herren davon kommen.“
Das wies Boehm-Bezing zurück. Seinem Bericht zu Folge sollen die Verluste Anfang der 90er-Jahre, also vor seiner Amtszeit, entstanden und „systematisch verschleiert“ worden sein – über eine schweizerische Gesellschaft, an der Holzmann beteiligt war.
Bei Redaktionsschluss stand die Abstimmung noch aus. Die Genehmigung der Kapitalmaßnahmen wurde jedoch schon am Nachmittag nicht mehr in Frage gestellt, da die beiden Großaktionäre Deutsche Bank und überraschend auch Gevaert ihre Zustimmung bereits signalisiert hatten.
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