piwik no script img

Kleiner Kirch taucht ab

■ tm3-Gründer Herbert Kloiber steht nach dem Verlust der Champions-League-Rechte vor einem Scherbenhaufen

Der „kleine Kirch“ war gestern nicht zu sprechen: Einen Tag nachdem WAZ-Geschäftsführer Erich Schumann via Süddeutsche Zeitung die geplante Rückkehr der Fussball-Champions-League zu RTL in die Welt posaunte, befand sich tm3-Gründer Herbert Kloiber laut Senderauskunft „auf Dienstreise beziehungsweise im Urlaub“ mit unbekanntem Ziel.

Zwar hüllt sich RTL weiterhin in launiges Schweigen („Da ist noch nichts entschieden, schaun wir mal ...“), doch Schumann, dessen WAZ-Gruppe am RTL-Mutterkonzern CLT-Ufa beteiligt ist, bestätigte der taz: „Die grundsätzliche Einigung hat stattgefunden“, schon im Sommer werde RTL „auf jeden Fall“ wieder Spiele der Champions League zeigen. Mit Rupert Murdoch – der Medienunternehmer hält zwei Drittel der tm3-Anteile – sei alles geklärt. „Wenn Herr Kloiber sagt, dass könne ohne ihn nicht so laufen, sieht das Murdoch offensichtlich anders“, so Schumann.

Lachender Dritter bei diesem Spiel ist Leo Kirch: Auch sein Abo-Sender Premiere World, an dem Murdoch ebenfalls beteiligt ist, dürfte einen Teil der Champions-League-Rechte übernehmen.

Dies käme auch einer späten Rache an seinem ehemaligen Kronprinzen gleich: 1969 hatte der gebürtige Wiener Kloiber bei der Kirch-Gruppe angeheuert, zunächst Kirchs Musik- und Opernproduktionsfirma Unitel mitaufgebaut und das kleine Einmaleins des internationalen TV- und Filmrechtehandels gelernt. 1976 kam es dann zum Bruch mit Kirch – Kloiber ging der absolutistische Führungsstil des Prinzipals zu weit. Der smarte 29-Jährige, lange Zeit als Kirchs Kronprinz gehandelt, gründete seine eigene Produktionsfirma und wilderte im Gehege des Mentors: der Beginn einer wunderbaren Feindschaft.

Angeblich auf Empfehlung des damaligen ZDF-Planungschefs und heutigen Intendanten Dieter Stolte kaufte Kloiber 1977 eine gut eingeführte TV-Produktionsfirma, TeleMünchen, numerierte fortan seine Fernsehprojekte als „tm“ durch und stieg auch in den Rechtehandel ein. Bis Mitte der 80er-Jahre wurde Kloiber mit TeleMünchen zum zweitgrößten Filmhändler nach der Kirch-Gruppe. Und vor allem die öffentlich-rechtlichen Anstalten waren froh, dem Quasi-Monopol des „Betamaxen“ Kirch wenigstens teilweise zu entkommen.

1987 stieg Kloiber als Teilhaber beim Spartenkanal Musikbox ein, den er mit dem italienischen Medienmulti Silvio Berlusconi zum Jugendsender Tele 5 umbaute. Nachdem Kirch Berlusconi auf seine Seite gezogen hatte, bootete er 1992 seinen ehemaligen Kronprinzen aus, Tele 5 änderte radikal sein Konzept und wurde zum Deutschen Sportfernsehen.

Mit heftigen Umschwüngen in Sachen Senderkonzepte hat mittlerweile auch Kloiber seine Erfahrung: Neben einer Beteiligung bei RTL2 wurde das dritte TV-Projekt von TeleMünchen, konsequenter Titel tm3, zum Inbegriff schwankender Programmstrategien. 1995 als „informationsorientiertes Spartenprogramm für Frauen“ bruchgelandet, wurde tm3 ein eher beliebiger Unterhaltungskanal, und 1999 nach dem spektakulären Einstieg von Rupert Murdoch und dem Ankauf der Champions League in Richtung Sport und Service umpositioniert. Und Kloiber hatte viel vor: Zusammen mit Murdoch sollte hier die dritte Kraft im deutschen Privatfernsehen entstehen, ein Ausbau mit mehreren digitalen Zusatzprogrammen war geplant.

Noch gibt sich der Nachkomme eines k.u.k. Generalsgeschlechts nicht geschlagen: Ohne ihn, Kloiber, laufe in Sachen Champions-League-Rechte gar nichts. Und tm3 steht auch nicht zum Ausverkauf an: „Es gibt keine Verhandlungen und auch keine Krisengespräche“, hieß es bei tm3. Im Gegenteil: Ende Februar will der Sender mit neuen Formaten planmäßig an seiner neuen Programmstrategie basteln. Wahrscheinlich ist Herbert Kloiber also doch nur im Urlaub. Steffen Grimberg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen