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Fackeln, Gurken, Frikadellen

Bei der Wiedereröffnung des Berliner Ensembles vermissten viele der Premierengäste den gewohnten Glanz und Glamour. Der Beifall für Taboris „Brecht-Akte“ hielt sich in Grenzen

Um Viertel vor acht fragt der Chef noch mal persönlich nach: „Sind denn auch alle Karten weg?“, will Claus Peymann wissen. Der vor dem Berliner Ensemble (BE) aufgebaute provisorische Ticket-Schalter ist noch immer im Belagerungszustand: „Keine Chance mehr, ausverkauft, schon seit Wochen“, wiederholt sich eine Mitarbeiterin. Hunderte Menschen bevölkern den Vorplatz des Theaters, das kurz vor seiner Wiedereröffnung noch völlig im Dunkeln liegt.

Es riecht nach Benzin. Fackeln säumen den Weg zum BE, das nach achtmonatiger Sanierung am Samstagabend wieder öffnete: Mit George Taboris Neuinszenierung „Die Brecht-Akte“ kehrt der BE-Gründer Bertolt Brecht zurück auf die Bühne am Schiffbauerdamm.

Ein Musikstudent bläst die Eröffnungsfanfare, und unter dem „Ah!“ und „Oh!“ der in der Kälte wartenden Premierengäste gehen die Lichter an. „Ein ziemlich kirchenhafter Auftakt“, raunt B.Z.-Chef Franz-Josef Wagner. „Gelungen“ findet hingegen Schauspieler Otto Sander diese Premieren-Show, „Theater muss schließlich auch immer was von Jahrmarkt haben.“

Über dem Eingang hängt ein Transparent, das die Silhouette von Peymanns Premierenzugpferd George Tabori zeigt. Tabori, 85, dramatisiert in seinem „quasidokumentarischen“ Stück die Konfrontation des in den USA lebenden Brecht mit den Untersuchungen gegen „unamerikanische Umtriebe“ der McCarthy-Ära. „Hochpolitisch“ findet das eine ältere Zuschauerin, „Brecht erging es dort auch nicht besser als vielen Stasi-Opfern hier.“

Doch am Ende des beinahe dreistündigen Stücks geben sich viele Premierengäste enttäuscht: verhaltener Respektapplaus, der sich erst steigert, als Tabori selbst die BE-Bühne erklimmt und – Charmeur alter Schule – die ihm zugeworfenen Rosen an die Damen im Publikum verteilt.

„Für Kenner wirft das Stück kein neues Licht auf Brecht“, resümiert der Theaterhistoriker Ernst Schumacher, Verfasser der ersten Brecht-Biografie. Aber „es war geschickt von Peymann, mit dieser Eröffnungspremiere einen historischen Bogen zu spannen“.

Denn mit dem Schließen der realen „Brecht-Akte“ in den USA und der anschließenden Ausreise des Dichters nach Ost-Berlin beginnt 1949 die Geschichte des Berliner Ensembles als Brecht-Bühne. „Seht mich erleuchten jetzt in neuem Glanz“, deklamierte vor dem Eröffnungseinlass eine Schauspielerin vom Theaterbalkon. Doch eben Glanz und Glamour eines Hauptstadttheaters vermissten viele Premierengänger: kein Smalltalk mit Musik, kein Freisekt; stattdessen saure Gurken für eine Mark und Buletten für 2,50. „Die Partylaune hält sich in Grenzen“, sagt die Bedienung am Büfett.

Aber immerhin: „Peymann hat das Berliner Ensemble aus dem Tiefschlaf wachgeküsst“, fand der Regisseur der Berliner CDU-Fraktion, Klaus Landowsky, große Worte zur Premiere. Bis zum Sommer sind insgesamt 13 Premieren geplant. „Bis dahin zeigt sich, ob der neue Intendant das Haus auch füllen kann.“ Da hat Peymann einiges vor: Immerhin glänzte am Samstag die neue Kultursenatorin Christa Thoben (CDU) durch Abwesenheit. Christoph Rasch

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