Das Bündnis für Arbeit hängt an der IG Metall: Männer kämpfen müde Runden
Unlängst, im Regierungstheater, hatten sie ihre Rollen als verfeindete Brüder abgelegt und gaben einen Akt aus dem Heile-Welt-Programm. Klaus Zwickel und die Arbeitgeber versprachen, in der anstehenden Tarifrunde werde man sich am Produktivitätszuwachs der Wirtschaft orientieren. Die Doppelkomponente Inflationsausgleich plus Produktivitätszuwachs erwähnt das von ihnen unterzeichnete Papier nicht mehr. Wer nach dem Sonntag nun aber dachte, nun würde eine Zeit der stillen Harmonie folgen, hat sich getäuscht. Klaus Zwickel, Staatsschauspieler, hat sich gestern den Blaumann übergezogen. Mit der Empfehlung von 5,5 Prozent mehr Lohn verspricht er seinen Kollegen einen kräftigen Schluck aus der Tarifflasche. Ganz so, als hätte es den Sonntag beim Kanzler nicht gegeben, mimt Zwickel den starken Mann. Ist es der IG Metall jedoch ernst mit Reformen und mehr Arbeit sein, darf sie abgegebene Versprechen nicht leichtfertig relativieren.
Die kommenden Tarifgespräche werden trotzdem in gewohnter Manier ablaufen. Es wird gebolzt, geschubst und laut geschrien werden – aber am Ende ist wie immer auch dieses Mal der Kompromiss sicher. Ein erstes Signal sandten die Arbeitgeber bereits gestern. Sie hielten sich dieses Mal mit einem prozentualen Gegenangebot dezent zurück. Über die Höhe der Lohnsteigerung jedoch machten sie keine Aussagen – aber signalisierten bereits im Vorfeld, dass ein Kopplungsgeschäft möglich ist.
Das könnte so aussehen: Gesamtmetall bietet eine Verbesserung der Altersteilzeit an. Metaller, die bislang noch mit 82 Prozent ihres Nettolohnes in den Ruhestand gehen, bekommen noch ein paar Mark drauf. Und da Klaus Zwickel nun mal so krampfhaft an seinem Fetisch „Rente mit 60“ festhält, könnte man der neuen Altersteilzeit ruhig diesen Namen geben – auch wenn aus Arbeitgebersicht kein individueller Rechtsanspruch auf den vorzeitigen Abgang aus dem Arbeitsleben möglich ist. Für dieses Problem bietet sich das bewährte Mittel des Kompromisses an: Bestimmte Personen, etwa all jene, die länger als 30 Jahre im Betrieb arbeiten, können mit 60 gehen. Das betrifft nur eine kleine Gruppe, rettet aber den Titel. Zudem würden sich die Arbeitgeber an dem Fonds zur Finanzierung des Modells beteiligen. Im Gegenzug nimmt die IG Metall eine Lohnerhöhung von etwas über 2,6 Prozent hin. Das wäre kein großer Kompromiss. Aber immerhin könnten beide Parteien behaupten, ganz im Sinne des Bündnisses gehandelt zu haben. Annette Rogalla
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