: Sie soll das Bauernopfer sein
Die Ex-Schatzmeisterin der Union, Brigitte Baumeister, nimmt alle Schuld auf sich
Großspenden seien für die CDU „kein Problem“, unterbrach die damalige Schatzmeisterin der CDU, Brigitte Baumeister, 1993 während der Debatte zum neuen Parteiengesetz frech und – wie sich heute zeigt – voreilig den Redebeitrag des SPD-Abgeordneten Wartenberg. Die Wahrheit hat die damalige Schatzmeisterin eingeholt. Denn Großspenden, insbesondere solche, die bar übergeben wurden, sind seit einigen Wochen das größte Problem der CDU.
Auf wundersame Weise wurde Baumeister in den vergangenen Wochen aus dem öffentlichen Diskussion weitgehend rausgehalten. Obwohl es schon recht früh Berichte darüber gab, dass Baumeister sich mit dem Waffenhändler Schreiber in der Schweiz getroffen haben soll und obwohl es auch während ihrer Amtszeit immer wieder Hinweise auf dubioses Finanzgebaren zur Parteienfinanzierung der Christdemokraten gab.
Selbst bei den 1,15 Millionen Mark, die unrechtmäßig von einem Fraktionskonto an die Partei Anfang 1997 ebenfalls in bar übergeben und auf ein schwarzes Konto transferiert worden sind, blieb Baumeister außen vor. Dabei war die Diplommathematikerin von 1992 bis 1998 auf Wunsch des heutigen Parteichefs Schäuble als Schatzmeisterin für die Finanzen der Christdemokraten zuständig. In der Zeit also, in der die schwarzen Konten Kohls von anonymen Spendern wundersam gefüllt wurden.
Sie war nie die Vertrauensfrau von Kohl, sagen die einen und glauben, dass die Politikerin über den Transfer überhaupt nicht informiert war. Andere glauben, dass sie von dem Transfer zwar gewusst haben mag, aber einfach nicht nachfragte, wieso das Geld nicht auf den offiziellen Parteienkonten auftauchte. „Sie ist nicht der Typ, der sagt, das mach’ ich nicht mit. Damit hätte sie ja auch Wolfgang Schäuble enttäuscht“, sagt ein CDU-Fraktionsmitglied. Den will sie offenbar auch jetzt nicht enttäuschen.
In dem Moment, in dem ihr Mentor Schäuble selbst im Spendensumpf zu versinken droht, übernimmt sie die Rolle des Bauernopfers. „Den Fehler hat Brigitte Baumeister gemacht“, sagte Schäuble kühl und schiebt ihr damit den schwarzen Peter dafür zu, dass die 100.000 Mark, die er von Schreiber angenommen hat, nicht als Spende verbucht worden sind. Baumeister bestätigt den „Fehler, für den ich die Verantwortung trage“, in einer schriftlichen Erklärung – und geht damit sogar das Risiko ein, dass gegen sie wegen Untreue ermittelt werden könnte.
Es ist anzunehmen, dass Schäuble die Lösung mit Baumeister abgesprochen hat. Was bleibt der eher kühl wirkenden Politikerin aber auch anderes übrig, als sich dem Willen des Parteivorsitzenden zu beugen. Nach Schäubles Eingeständnis bleibt nur die Alternative, entweder übernimmt Baumeister die Verantwortung oder aber Schäuble und sie gehen den Bach runter. Das würde der Partei schaden, und ihrer Partei ist die Christdemokratin tief verbunden.
So mag sie sich ungerecht behandelt fühlen und tief gekränkt sein, sie wird sich dennoch nicht dagegen wehren, den Sündenbock zu spielen. Schließlich hat Brigitte Baumeister es auch hingenommen, dass Schäuble ihr nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 die Schatzmeisterei entzog.
Karin Nink
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