: Gute Besserung, Señor Pinochet!
■ Die britische Regierung will den Ex-Diktator Chiles nach Hause schicken. Er sei zu krank für einen Prozess. Zweifel am ärztlichen Gutachten zwecklos: Es bleibt geheim. Sieben Tage Zeit für Einspruch
Berlin (taz) – Wenn es nach dem britischen Innenminister Jack Straw geht, dann kann Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet (84) demnächst die Heimreise nach Chile antreten. Ein von der Regierung in Auftrag gegebenes medizinisches Gutachten, so erklärte Straw am späten Dienstagabend, komme zu dem Schluss, dass der seit Oktober 1998 in London festgesetzte General verhandlungsunfähig sei und dies wohl auch bleiben werde. Straw will das Verfahren zur Auslieferung Pinochets an Spanien beenden, falls nicht von den am Prozess beteiligten Parteien in den nächsten sieben Tagen überzeugende Einwände vorgebracht werden.
In Spanien soll Pinochet sich für Verbrechen während der Zeit der Militärherrschaft in Chile zwischen 1973 und 1990 verantworten. Der spanische Ermittlungsrichter Baltasar Garzón hatte 1998 einen Haftbefehl gegen Pinochet erwirkt, der am 16. Oktober 1998 zur Festnahme Pinochets in London führte, wo der chilenische Ex-Diktator und enge Freund von Großbritanniens früherer Premierministerin Margaret Thatcher sich einer Operation unterzog.
Garzón will nun zwar weiter versuchen, doch noch die Auslieferung Pinochets zu erwirken. Doch das dürfte schwer sein: Das medizinische Gutachten, dessen Gehalt er anzweifeln will, ist geheim – und die spanische Regierung hat bereits angekündigt, etwaige Berufungsanträge Garzóns nicht auf diplomatischem Wege weiterzuleiten, sondern die britische Entscheidung in jedem Fall zu akzeptieren. So stehen die Chancen für Pinochet gut, in absehbarer Zeit tatsächlich nach Hause fahren zu dürfen.
Die chilenische Gesellschaft reagierte gespalten auf die Nachrichten aus London: Während die Verbände der Angehörigen von Opfern der Pinochet-Diktatur sich enttäuscht zeigten, sahen die Anhänger Pinochets Grund zum Feiern. Erstaunlich bedeckt hielt sich die chilenische Regierung: Sie veröffentlichte lediglich eine Note, in der sie das „ernsthafte Vorgehen“ der britischen Regierung begrüßte. Inzwischen rätseln Beobachter, welchen Effekt die britische Ankündigung auf die Stichwahl bei den chilenischen Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag haben könnte: Hier stehen sich der Sozialist Ricardo Lagos und der Rechtspopulist und Pinochet-Anhänger Joaquin Lavin in einem Kopf-an-Kopf-Rennen gegenüber. Bernd Pickert
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