piwik no script img

Diepgen will sich nicht mahnen lassen

■ Der Regierende Bürgermeister kommt nicht zum symbolischen Baubeginn für das geplante Holocaust-Mahnmal am 27. Januar. Grund: andere Termine. Mitglied des Förderkreises zeigt sich verärgert über die Absage Diepgens

Der symbolische Baubeginn für das Holocaust-Mahnmal am 27. Januar findet ohne Berlins Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) statt. Dies erklärte Stefan Siebner, Leiter des persönlichen Büros des Regierenden Bürgermeisters, gegenüber der taz. Diepgen habe andere Termine. Zu Begründung sagte Siebner, der Regierende Bürgermeister könne nicht alle Termine wahrnehmen. Zudem liege eine Einladung noch nicht vor.

Die Einladungen sind nach Auskunft eines Pressesprechers von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) gestern verschickt worden. Der Pressesprecher betonte, der Bundestagspräsident kommentiere nicht die Handlungen von Ministerpräsidenten. Thierse ist Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung, die das Mahnmal südlich des Brandenburger Tores bauen wird. Diepgen hatte sich in der zehnjährigen Diskussion zum Mahnmal und zuletzt bei der Bundestagsdebatte im Sommer gegen den Entwurf des Architekten Peter Eisenman ausgesprochen, dessen Stelenfeld ab 2001 gebaut werden soll. Berlin war neben dem Bund und einem privaten Förderkreis der Auslober des Mahnmals.

Verbittert reagierte der Förderkreis zur Errichtung des Mahnmals auf das angekündigte Fehlen von Diepgen. Der Vizevorsitzende des Förderkreises, Lothar C. Poll, sagte, nachdem der ursprünglich für diesen Termin geplante erste Spatenstich zu einem symbolischen Akt degradiert worden sei und Diepgen „als Verhinderer“ Wahlen gewonnen habe, sei diese Haltung des Regierenden Bürgermeisters „nur konsequent“. Dennoch wäre es als Repräsentant der Berliner Bevölkerung seine Aufgabe gewesen, am Baustart teilzunehmen. Man könne diese Haltung auch als kleinkariert bezeichnen, so Poll. „Das wundert einen nicht.“ Nachdem nun der ursprünglich für viel früher geplante Baubeginn auf Mitte 2001 verschoben worden sei, „stecken die Gegner im Detail“. Die geplante eineinhalbjährige Bauvorbereitung sei ungewöhnlich lang.

Lea Rosh, seit zehn Jahren eine der Hauptinitiatoren des Mahnmals und Vizevorsitzende des Stiftungskuratoriums, hatte schon kürzlich gesagt, ein Fehlen Diepgens wäre zwar nicht schlimm, aber bedenklich und als „ein Affront“ und „eine Verweigerung“ zu sehen. Sie verwies darauf, dass die Bautafelenthüllung eine öffentliche Veranstaltung sei, zu der jeder kommen könne.

Andreas Nachama, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und ebenfalls Kuratoriumsmitglied, sagte, bei der kurzfristigen Entscheidung für den symbolischen Akt, der erst Anfang Januar so festgelegt wurde, sei klar gewesen, dass wichtige Persönlichkeiten aus Termingründen nicht würden kommen können. Dennoch habe man sich im Kuratorium dazu entschlossen, diesen Termin am 27. Januar zu nutzen, da der Baubeginn an diesem nationalen Holocaust-Gedenktag wichtiger erachtet worden sei als die mögliche komplette Präsenz aller Eingeladenen.

Ärgerlicher sei, dass das Mahnmal bisher nur politisch definiert, sonst aber praktisch noch nichts klar sei, sagte Nachama. So fehle weiterhin ein planungsrechtliches, baurechtliches und sicherheitstechnisches Konzept für das Denkmal. Bisher sei das Mahnmal nicht viel mehr als eine Idee, für die nur ein Grobentwurf vorliege. Philipp Gessler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen