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„Wir haben unser Ziel erreicht“

Obwohl Pinochet nicht vor Gericht kommt, wertet der spanische Anwalt der Opfer der Pinochet-Diktatur, Joan Garces, den Fall juristisch als Erfolg

taz: Nach der Entscheidung des britischen Innenministers Jack Straw, Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet aufgrund eines ärztlichen Gutachtens für verhandlungsunfähig zu erklären und damit höchstwahrscheinlich die Auslieferung nach Spanien abzulehnen, befindet sich der Fall jetzt in Händen der Diplomaten. Das ist wohl das Ende Ihrer Hoffnungen auf Gerechtigkeit?

Joan Garces: Nein, wir haben unser Ziel erreicht. Spanien hat vor Monaten erfolgreich die Auslieferung beantragt. Das heißt, rein juristisch gesehen ist der Fall gewonnen. Jetzt wurde ein medizinisches Gutachten erstellt, das sich richterlichen Befugnissen entzieht. Weder die spanischen und britischen Richter noch die Anwälte der Opfer waren an diesem Vorgang beteiligt.

Sie verlangen, dass das medizinische Gutachten veröffentlicht wird. Zweifeln Sie an der Glaubwürdigkeit der Ergebnisse?

Wir Anwälte gehen immer von der Gesetzeslage aus. Wenn ein Arzt feststellt, dass ein Angeklagter unter altersbedingtem geistigem Verfall leidet, ist dies in erster Linie ein juristisches Problem. Das spanische Recht ist da eindeutig. Wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, einer Gerichtsverhandlung zu folgen, müssen die Verfahren gegen ihn eingestellt werden. Doch die Beweismittel dafür müssen öffentlich sein. Solange das nicht der Fall ist, kann das Verfahren nicht eingestellt werden, der internationale Haftbefehl und die Auslieferung bleiben bestehen. Das heißt konkret: Jedes Land, in das Pinochet einreist, müsste ihn verhaften. Falls Straw Pinochet nach Hause reisen lässt, wäre dies ein schwerer Verstoß gegen internationales Recht. Außerdem hat die britische Regierung gegen das Gleichheitsprinzip verstoßen: Bei der ärztlichen Untersuchung war ein Arzt des Angeklagten dabei, aber weder die spanische Justiz noch wir als Nebenkläger konnten einen Vertreter benennen.

Von einer Auslieferung Pinochets nach Spanien geht niemand mehr aus. Selbst die spanische Regierung hält sich völlig zurück.

In Spanien haben in solchen Fällen die Richter das Wort, nicht die Regierung. Im Falle Pinochet haben sich die Politiker zurückgehalten. Die Regierung hat alle Anträge kommentarlos weitergeleitet. Gerade wegen der fehlenden politischen Einmischung waren wir international so erfolgreich.

In den letzten Tagen wird viel über ein mögliches Verfahren gegen Pinochet in Chile geredet. Alle Präsidentschaftskandidaten haben sich dazu geäußert. Ist das ernst gemeint, oder soll damit nur die internationale öffentliche Meinung beruhigt werden?

Politische Urteile stehen uns Anwälten nicht zu. Aber rein juristisch gesehen ist eines klar: Wenn jemand eine Person wegen schwerer Verbrechen anklagen und aburteilen will, die sich außer Landes aufhält, hat er ein Instrument: einen Auslieferungsantrag. Dazu ist ein Richter notwendig, der die betreffende Person anklagt. Beides gibt es in Chile nicht.

Die gesamte europäische Presse ist sich einig: Nach dem Fall Pinochet ist nichts, wie es war.

Im internationalen Recht wird der Fall Pinochet als wichtigster Schritt seit den Nürnberger Prozessen gewertet. Das ist das große Verdienst der spanischen und britischen Justiz.

Interview: Reiner Wandler

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